Bundesrat Stenographisches Protokoll 682. Sitzung / Seite 137

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haben Sie uns die Legitimität unserer beiden dringlichen Anfragen wegen des Fehlens der Fernsehkameras abgesprochen. Verwechseln Sie uns nicht vielleicht mit Ihren Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen im Nationalrat, die sich fürwahr um Redezeiten während der Liveübertragungen reißen? – Die Tatsache, dass wir diese Themen auch ohne Fernsehkameras einfordern, beweist wohl, wie ernst wir es meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich habe heute bereits im Zusammenhang mit dem Bundesbediensteten-Sozialplangesetz von einer Verhöhnung aller ASVG-versicherten ArbeitnehmerInnen Österreichs durch diese Bundesregierung gesprochen, von einem Affront, der kaum überbietbar sein sollte. Doch zeigt der Anlass unserer heutigen Debatte, dass diese Bundesregierung immer wieder neue Grausamkeiten aus dem Stegreif herbeizaubert. Uns wird deutlich vor Augen geführt, wie diese Bundesregierung mit Menschen umgeht, obwohl ein Großteil von ihnen durch die Kriegswirren die Freuden der Jugend vermissen musste und trotz der vielen Entbehrungen in der Nachkriegszeit den Wiederaufbau Österreichs bewältigt hat – eine Bundesregierung, die den PensionsbezieherInnen nicht nur die rechtmäßige Abgeltung der Inflationsrate verwehrt, sondern wo Sie, Herr Bundesminister, in noch nie da gewesenem Zynismus eine permanente Kürzung der Pensionen als sozial ausgewogen bezeichnen!

Mit hohem finanziellem Aufwand haben Sie in den letzten Tagen, genau am 4. Dezember, in allen großen österreichischen Tageszeitungen – interessanterweise und warum wohl nicht im "Standard" und in der "Presse" – Inserate geschaltet. Darin halten Sie fest, dass die Pensionserhöhung für 2002 sozial ausgewogen ist, weil sie die kleinen und mittleren Pensionen bevorzugt und damit die Pensionen für alle langfristig sichert. Da Sie diese Aussage vermutlich selbst nicht glauben können, haben Sie im Inserat noch eine absolute und für vermutlich viele Ihrer KollegInnen neue Ankündigung festgehalten. Sie stellen für das Jahr 2002 in diesen Inseraten eine jährliche steuerfreie Entschädigung für Gefangene der Westalliierten in der Höhe von 2 400 S bis 6 000 S in Aussicht.

Meine Damen und Herren! Sie gestatten mir die Feststellung, dass ich dieses Inserat als Verschleierungstaktik bezeichne. Oder wie können Sie sich erklären, dass noch am 16. November dieses Jahres die Regierungsparteien im Sozialausschuss die Beratungen eines Antrages der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion verhinderten, in welchem diese, wie schon mehrmals vorher, eine solche Entschädigungszahlung beantragt haben? – Sie selbst, Herr Bundesminister, haben mir in einer Sitzung des Bundesrates im Juni dieses Jahres auf meine diesbezüglichen Wortmeldungen geantwortet, dass dafür kein Geld vorhanden sei. Würden Sie, Herr Minister, uns bitte aufklären, in welchem Gremium Sie die Zusage für eine derartige Entschädigung erwirkt haben! Denn nur mit einem gültigen Beschluss kann der Inhalt Ihres Inserates als Information gewertet werden, ohne Beschluss ist und bleibt es lediglich Propaganda!

Meine Damen und Herren! Können Sie es mir verdenken, dass ich diese Politik der Bundesregierung nicht nur als zynisch, sondern auch als doppelbödig bezeichnen muss?! Unsere Pensionistinnen und Pensionisten haben es nicht verdient, dass die Regierung zum Mittel des Gesetzesbruches greift, um sie dadurch um ihren Anspruch auf eine entsprechende Pensionserhöhung zu bringen.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Da ändert eine Regierung rückwirkend – rückwirkend! – auf das Jahr 2000 eine Verordnung, um nicht dem Gutachten der Kommission für die langfristige Pensionssicherung Folge leisten zu müssen! Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die FP/ÖVP-Koalition hat festgelegt, dass es Abzüge für einen angeblichen Übergenuss der PensionistInnen durch zu hohe Pensionsanpassungen in den Vorjahren gibt. Also haben eben dieselben beschlossen, in wissentlicher Kenntnis der Rechtswidrigkeit, eine Verordnung, die den Pensionsanpassungsfaktor regelt, abzuändern, um ihn rückwirkend auf das Jahr 2000 herabsetzen zu können; herabzusetzen um eben genau jenen Betrag, der notwendig war, um das Gutachten ohne zu große Belastung für das Budget umsetzen zu können.

Mit Taschentricks wurde versucht, dass von der ursprünglich errechneten Erhöhung von 1,6 Prozent 0,5 Prozent abgezogen werden konnten. Somit werden die Pensionen im Jahr 2002 lediglich um 1,1 Prozent angehoben, und mehr als 900 000 Pensionisten erleiden dadurch eine


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