Bundesrat Stenographisches Protokoll 682. Sitzung / Seite 142

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18.03

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, dass Herr Staatssekretär Morak Schiedsrichter in Sachen politischer Kultur ist und dabei die gute parlamentarische Tradition, dass man von der Regierungsbank nicht polemisiert, in grober Weise verletzt, gehört zu den vielen Überraschungen, die man mit dieser Regierung immer wieder erlebt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Hoscher: So ist es!)

Ich weiß nicht, mit wem sich der Herr Staatssekretär in einem Schnellsprechwettbewerb befunden hat – mit mir nicht –, er unterliegt keiner Redezeitbeschränkung, er hätte das auch in weniger stakkatischer Weise abwickeln können. Aber wenn es ihm Spaß macht, soll er es tun. Auch das gehört zu den Dingen, die man in der Politik von dieser Regierung aushalten muss.

Die entscheidende Frage – Ihre Zitiererei lenkt davon nicht ab –, ist doch – Sie haben dazu verständlicher- und von Ihrem Standpunkt aus auch vernünftigerweise nicht Stellung genommen –, dass wir es mit einer politischen Situation zu tun haben, in der zwei völlig unterschiedliche politische Positionen in der Bundesregierung vertreten werden, und mit zwei unterschiedlichen politischen Positionen kommt man halt sehr schwer zu einem politischen Kurs.

Wenn es einem beim Schifahren den einen Fuß nach links und den anderen nach rechts zieht, dann ist üblicherweise eine Riesenbrezen die Folge, und in dieser Situation befinden Sie sich. Sie sind noch nicht hart aufgekommen, Sie sind noch im Flug, aber die Brezen kommt, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: So wie zwischen Fischer und Sima!)  – Herr Kollege! Wenn Sie die Zitate wirklich kennen würden, auf die Sie sich hier beziehen, dann würden Sie draufkommen, dass das kein guter Vergleich ist, den Sie da anstellen. Was die SPÖ tut, das ist – das gebe ich freimütig zu –, differenziert zu argumentieren (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), und manche einfachen Gemüter verstehen es nicht, aber es ist klar, wir haben – nein, wir nicht –, diese Regierung hat tatsächlich drei von vier möglichen Chancen vergeben. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Tusek. ) – Selbstverständlich, eins, zwei, drei, ganz klar.

Erstens hat sie ein ganzes Jahr Verhandlungsmöglichkeit nicht genützt, nicht nur gegenüber dem tschechischen Nachbarn, sondern auch gegenüber den EU-Partnern. Der Melker Prozess, als er denn angeworfen wurde, kam ein Jahr nach der Bildung dieser Bundesregierung, und – mit Verlaub gesagt – Temelin hat es Anfang 2000 auch schon gegeben. Da war aber die Bundesregierung mit ihrer eigenen Nabelschau beschäftigt; und im Nabel hat sie Temelin nicht getragen, daher ist ihr das nicht aufgefallen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) – Herr Kollege, eine Menge. Auch darauf komme ich gerne zurück.

Die zweite Frage ist: Es hat eine Phase – und ich sage das so, wie es alle von uns meinen – einer unzulässigen, populistischen Zuspitzung gegeben, für die ausnahmsweise einmal nicht die FPÖ in die Verantwortung zu nehmen ist. Die Grenzblockaden gegenüber Tschechien haben mehr zur Zerstörung des Gesprächsklimas beigetragen, als alles, was sonst in diesem Jahr passiert ist.

Dritter Punkt: Es hat in dieser Phase der Verhandlungen, die jetzt endlich aufgenommen wurden, nachdem der Melker Prozess bisher eher ein Schattenboxen war, einen selbstauferlegten Zwang zum sofortigen Abschluss gegeben.

Sehen Sie, an genau diesem Punkt setzt unsere Argumentation ein! Es gibt keine sachliche Notwendigkeit, das Energiekapitel vorläufig abzuschließen. Die Verhandlungen über andere Kapitel können weitergehen, das ganze Jahr 2002 hindurch, auch mit einem offenen Energiekapitel. Aber es wäre ein klares Zeichen dafür gewesen, dass Österreich mit dem Verhandlungsresultat nicht zufrieden ist.

Nun kann man wie die FPÖ folgenden Standpunkt vertreten: Wenn man eine Gurke Birne nennt, dann ist sie etwas anderes. Ich würde Herrn Westenthaler nur vorschlagen, er soll einmal in die Gurke hineinbeißen. Der Geschmack verändert sich nämlich durch die Umbenennung überhaupt nicht, und die netten Wortbildungen, es sei "beiseite gelegt" – was immer das


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