Wir sollten auch über die Kernkraftwerke in Mochovce und in Bohunice in der Slowakei reden. Ich will das jetzt gar nicht auf speziell gefährliche Kernkraftwerke ausdehnen, wie etwa Ignalina in Litauen, und eines der gefährlichsten ist Kosloduj. Aber ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn man jetzt Zeit gewinnt und sagt: Wenn die Länder ein Einstiegsszenario in die Europäische Union wollen, dann sollten sie zumindest ein Ausstiegsszenario für ihre gefährlichen Kernkraftwerke formulieren. (Ruf bei der ÖVP: Der Vertrag ...!)
Moment! Der Vertrag kommt sehr spät, aber wir werden uns das anschauen. Wir haben das besprochen, wir werden ihn durchlesen, und wir werden ihn uns sachlich ansehen. Ich kann aber jetzt von hier aus nicht ja oder nein dazu sagen. Es wird eine Fraktionsbesprechung darüber geben, ob wir da mitgehen oder nicht. Aber es ist zumindest sinnvoll und ein erster Schritt, dass man sich das überlegt und das Kapitel nicht schließt, sondern beiseite legt.
Herr Staatssekretär! Zu dem, was Sie gesagt haben, muss ich ein bisschen in die "Kiste" greifen: Wenn ich mir die ÖVP-Linie anschaue, dann stelle ich Folgendes fest: Am 24. Juni fordert Haider das Veto. Zwei Tage später sagt Herr Bundeskanzler Schüssel: kein Veto. Dann wird die ÖVP-Linie im August verlassen. Am 14. August will Pröll ein Veto nicht mehr ausschließen. Am 19. August ist ein Veto für Pühringer vorstellbar. Görg gibt sich ebenfalls gesprächsbereit. Und am 2. September – all das ist nachlesbar! – zeigt Schüssel Verständnis für die Veto-Drohung – also ein echter Zickzackkurs.
Dann kommt der ÖVP-Schwenk. Zwei Wochen später schwenkt die ÖVP wieder um und vertritt abermals eine strikte Veto-Ablehnungslinie. Schüssel sagt am 17. September: Das Veto sei ein völlig falscher Weg, und auch Pühringer spricht sich jetzt wieder gegen ein Veto aus. – (Der Redner hält eine mehrseitige Unterlage in die Höhe.) Glauben Sie mir, wir haben das hier dokumentiert. (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Ihre Anfrage, Herr Kollege! Lesen Sie die überhaupt? Mitglieder der Bundesregierung ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich komme schon dazu, warten Sie ein bisschen! Anfang November – damit wir gleich von der Bundesregierung reden – prägen Molterers Aussagen die Koalitionsauseinandersetzung. Zuerst plädiert Kollege Molterer für seriöse Verhandlungen, und danach erklärt er – das ist besonders lustig –, ein Ausstieg sei überhaupt nicht mehr realistisch. – Also die ÖVP fährt wieder, zum vierten Mal, eine Anti-Veto-Position. Glauben Sie mir, ich könnte das fortsetzen. All das ist dokumentiert.
Man kann natürlich alles beschönigen und alles, was die Regierung macht, "gutreden". Aber wenn man sich die Umfragen anschaut – aber diese müssen nicht stimmen –, dann stellt man fest, es sind nur 29 Prozent für diese Schüssel-Linie. Da kann man sagen, okay, Rauscher hat heute das erste Mal gegen die SPÖ geschrieben, aber wenn ich mir die Schlagzeilen der "Kronen Zeitung" der letzten Woche anschaue, dann könnte ich Ihnen mindestens fünf zeigen, in denen die ÖVP ihr Fett abbekommt. (Der Redner hält eine Ausgabe der "Kronen Zeitung" mit der Schlagzeile "Zu wenig, Herr Bundeskanzler" in die Höhe.) – Herr Staatssekretär! So einfach haben Sie es nicht mit den Zeitungen, und so gut dürfte Ihre Linie nicht sein!
Der von mir geschätzte Herr Rauscher hat halt heute einmal der SPÖ, die natürlich eine schwierigere Position hat, in diesem Bereich eine verpasst. Warum auch nicht? – Aber unsere Linie ist seit eh und je klar, und wir sagen: Wir sind für ein kernkraftwerkfreies Mitteleuropa. Und ich sage Ihnen auch, warum.
Temelin ist sicherlich nicht nur ein Symbol, sondern Temelin ist aus meiner Sicht ein Schuhlöffel, um Ost-AKWs mit westlicher Technologie umzurüsten und um diese westliche Technologie dann auch bei den Ungarn, später vielleicht auch bei den Rumänen und bei allen anderen Reformstaaten einzusetzen.
Aber – Herr Professor Böhm, Sie haben mich angesprochen – diesbezüglich verstehe ich die Haltung der FPÖ nicht. Warum richtet sich Ihre Kritik nur gegen die Tschechen? Wann nehmen Sie endlich einmal andere gefährliche Kernkraftwerke in den Mund?
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