Bundesrat Stenographisches Protokoll 682. Sitzung / Seite 164

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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist etwas, womit ich mich überhaupt nicht mehr abfinden kann. Zwar werde ich heute hier noch knurrend zustimmen, aber das nächste Mal werde ich nicht einmal mehr knurrend zustimmen, sondern nicht mehr zustimmen. Denn das bedeutet, die Republik Österreich scheibchenweise aufzugeben! Es ist so, als ob man eine Salami aufschneidet: Am Ende bleibt nur noch der Zipfel mit dem Metallstück übrig – das ist mir schlicht und einfach zu wenig! (Bundesrat Gasteiger: Bravo!)

Manche Bereiche – wie jener des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – werden bereits im Mai 2004 Mehrheitsentscheidungen unterworfen werden. Es besteht eine Fünfjahresfrist, die auf das Jahr 1999, den Vertrag von Amsterdam, zurückgeht, um diese Bereiche im Jahr 2004 aufzulösen. Ich denke, es kann nicht der Zweck dieser Einrichtung sein, die Nationalstaaten einfach aufzugeben. Uns wurde doch immer gesagt: Es wird ein Europa der Vaterländer und nicht ein Bundesstaat werden. Aber wenn wir weiterhin so verfahren, erkenne ich eigentlich nur noch, dass bereits der Bundesstaat Europa verhandelt wird und dass von uns erwartet wird, dem zuzustimmen. Dafür sind wir jedoch nicht hier hergekommen – zumindest ich bin nicht dafür hergekommen. Mag sein, dass andere mit ebenso guter Inbrunst etwas anderes verlangen.

In diesem Vertrag von Nizza werden auch die Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik angesprochen. Dazu kann ich nur sagen, es gibt zwei "Außenminister" in der EU: einmal den Hohen Beauftragten für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und als Zweiten den EU-Außenkommissar. Da müssen Überlegungen angestellt werden, die Funktionen zusammenzulegen, zumindest so, dass der eine der Stellvertreter des anderen wird. Denn beide müssen bezahlt werden, und sie haben zum Teil konkurrierende Aufgaben. Sie kommen diesen Aufgaben meines Erachtens auch nicht in dem Maße nach, wie es notwendig wäre. Leider Gottes – auch bei uns nicht!

Wenn man die Vorgänge in Palästina hernimmt – wie dort eine langjährige, seit dem Jahr 1948 bestehende Besatzungsmacht, nämlich Israel, Dörfer zerstört und Bewohner umbringt, nur weil vielleicht Angehörige bei den so genannten "Terroristen" sind –, dann muss man feststellen: Es gibt einen israelischen Staatsterrorismus gegen die Palästinenser. Die Zahl der Toten der letzten Intifada – seit dem Tag, als dieser geniale bluttriefende Scharon auf den Tempelberg gegangen ist – betrug 1 000, nämlich 800 Palästinenser und 200 Israelis. An dieser Feststellung erkennt man doch, welches Unrecht dort geschieht und wie die mitteleuropäischen Massenmedien eindeutig zugunsten Israels, nicht jedoch zugunsten einer ausgewogenen, Balance haltenden Berichterstattung das Wort ergreifen!

Ebenfalls in der "Frankfurter Allgemeinen" schreibt Mary Robinson von der UN-Menschenrechtskommission, dass ein fundamentales Problem in der Behandlung der Palästinenser darin besteht, dass es der palästinensischen Zivilbevölkerung an Schutz mangelt. Auch die Europäische Union kritisiert erstaunlicherweise schon den unterschiedslosen, unverhältnismäßigen Gebrauch von Zwang gegenüber den Palästinensern.

Weiters heißt es: "Dabei gerät auch aus dem Blick: Israel hat seit 34 Jahren fremdes Gebiet besetzt und dort Siedlungen errichtet, die international als illegal angesehen werden." Wir müssen doch den Palästinensern das Recht auf Selbstverteidigung zugestehen, wenn sie auf Grund des staatsterroristischen Betreibens Israels ständig kujoniert, beschossen und umgebracht werden! (Bundesrat Gasteiger: Bravo!) "Dieser Komplex und der palästinensische Terrorismus sind gefährlich miteinander verquickt, wie unlängst der amerikanische Außenminister sagte. Ein weitgehend ohnmächtiger Arafat steht jetzt einem Scharon gegenüber, von dem man schon in früheren Jahren weniger diplomatisches Gespür als militärisches Draufgängertum erwartet und gekannt hat." – Ich habe das schon erwähnt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Unser Mann in Brüssel, Professor Hager, stellt zu dem Vertrag von Nizza Folgendes fest: "Es geht nicht an, dass die Entscheidungen von Fragen, die für die Entwicklung der Europäischen Union von größter Bedeutung sind, sozusagen vom Ermüdungsgrad der Verhandelnden und anderen Zufälligkeiten zufolge der herrschenden Stress


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