Bundesrat Stenographisches Protokoll 683. Sitzung / Seite 92

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Das vorliegende Modell begünstigt daher bestehende landwirtschaftliche Strukturen, die darauf abzielen, dem Tierhalter einen breiten Spielraum zu ermöglich und sich seine Kontrollorgane und Tierärzte selbst auszusuchen. – So ist es schlicht und einfach. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist daher anzunehmen, dass einige wenige Tierärzte, die von den Produzentenverbänden auf Grund ihrer günstigen Konditionen ausgesucht werden, in kürzester Zeit den Markt beherrschen werden.

Statt das Problem an der Wurzel anzupacken und Bedingungen im Stall zu schaffen, die auf Grund des besseren Gesundheitszustandes der Tiere dazu beitragen würden, dass weit geringere Mengen von Arzneimitteln zum Einsatz kämen, wird der Tierarzneimittelverbrauch mit der Freigabe von Impfstoffen zur Verabreichung durch den Landwirt selbst weiter angekurbelt. (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) Die Tiere können dann vom Tierhalter selbst nach Gutdünken behandelt werden. Oft ist es den Besitzern nicht möglich, die richtige Diagnose zu stellen, was zu einer Fehlbehandlung der Tiere führt. Dem Tier kann durch diese laienhafte Behandlung großer Schmerz zugefügt werden. (Beifall bei der SPÖ.)  – Ich habe das nicht selbst erfunden, sondern habe das einer Stellungnahme der österreichischen Tierärzte entnommen. (Zwischenruf des Bundesrates Hensler. ) – Ich möchte gerne weiterreden.

Nicht nur für das Tier ist die Freigabe von Impfstoffen für die Anwendung durch Laien mit negativen Folgen verbunden. Die Maßnahme wirkt sich in der Folge katastrophal auf die menschliche Gesundheit aus. Die den Tieren verabreichten Medikamente und Antibiotika bilden Rückstände in der Muskelmasse diverser Organe der Tiere. Der Abbau derselben kann bis zu mehreren Wochen dauern. Zu einer gesundheitlichen Gefährdung für den Menschen kommt es durch die Ausbildung von Resistenzen einzelner Bakterienstämme. – Das dürfte bekannt sein.

Antibiotika, die in Notsituationen dringend benötigt werden, können so ihre Wirkung verlieren. Vielfach bilden Bakterien Resistenzen für mehrere Antibiotika aus. Ebenso kann es zu allergischen Schockreaktionen sogar mit Todesfolgen kommen.

Ein Teil der Wirkstoffe gelangt durch die Ausbringung – und jetzt kommt es noch stärker – von Tierexkrementen auf die Felder in die Umwelt und kann sich in pflanzlichen Nahrungsmitteln anreichern. Beim Wirkstoff Oxitetrazyklin, einer häufig im Schweineskandal vorgefundenen Reinsubstanz, werden sogar 98 Prozent vom Tier wieder ausgeschieden. Der Schweineskandal und der auch jetzt aufgetretene BSE-Fall zeigen, wie wichtig Kontrollen in der Landwirtschaft sind. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Hensler. ) – Wir Konsumenten haben einfach das Recht, gesunde Nahrungsmittel zu essen.

Zum Schluss möchte ich noch eine Stellungnahme der österreichischen Tierärzte zitieren, die eigentlich für sich selbst spricht:

"Vom Feinkost- zum Feinkotzladen?

,Der Bauer als Veterinär’

Österreichs Landwirtschaft scheint endgültig zu entgleisen; massiv fordert sie den unkontrollierten Einsatz von Arzneimitteln in den Tierprodukten. Die bisher illegale Anwendung von Arzneimitteln, der Schweineskandal tönt als Warnung noch im Ohr, soll zukünftig legalisiert und zur alltäglichen Arbeit des Bauern werden.

Nicht nur wahllos in das Futter eingestreute Antibiotika, sondern sogar Impfungen sollen unkontrolliert von unausgebildeten Laien vorgenommen werden. Am 13. 12. 2001 wurde im Nationalrat das" (Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Ungeheuerlich!) – ich zitiere nur die Tierärzte – "Tierarzneimittelkontrollgesetz beschlossen, in dem unter anderem die Freigabe für Impfstoffe zur Selbstbehandlung durch Bauern unter Druck der Landwirtschaft vorgesehen ist. Dies alles, obwohl der jüngste EU-Bericht über die Rückstandskontrollen von Medikamenten bei Lebendtieren in Österreich schwerwiegende Mängel festgestellt hat; es droht sogar eine Klage wegen Vertragsverletzung."


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