Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 16

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Herr Landeshauptmann! Es tut gut, besonders in Zeiten wie diesen, in denen es in weiten Bereichen unserer Gesellschaft kleine Einheiten immer schwieriger haben, wieder ein klares Bekenntnis zum Föderalismus von kompetenter Seite zu hören! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Länderkammer – der Bundesrat der Republik Österreich – lebt vom Bekenntnis zum Föderalismus. Sie lebt vom Bekenntnis zur Subsidiarität. Dieses Haus lebt vom Bekenntnis zur Bundesstaatlichkeit. – Ich weiß, dieses Bekenntnis aus dem Munde des oberösterreichischen Landeshauptmannes Dr. Josef Pühringer – übrigens eines Schülers des großen Verfassungsrechtlers Univ.-Prof. Dr. Herbert Schambeck – ist kein Lippenbekenntnis, sondern tiefe Überzeugung! (Bundesrätin Kainz: Also da müssen wir ein bisschen partizipieren!)  – Frau Kollegin! Ich glaube, er hat es verdient.

Es ist eine Überzeugung, die tief im Herzen eines Menschen verankert ist, der auf eine langjährige politische und verfassungsrechtliche Praxis zurückblicken kann. Dieses Bekenntnis zum Föderalismus entspringt der Überzeugung eines Menschen, der seiner Heimat, seinem Vaterland und der Bevölkerung zutiefst verpflichtet und verbunden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Beispiel zeigt, dass wir den Föderalismus nicht nur ertragen, erdulden oder einfach zur Kenntnis nehmen, sondern vielmehr überzeugte Vertreter und Verfechter dieses politischen Gestaltungsprinzips nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa und der restlichen Welt sein sollen.

Die EU-Regierungskonferenz 2004 wird die erste Chance dafür sein. Dabei soll das Prinzip des Föderalismus, das Prinzip der Regionalisierung mit dem Ziel, bürgernäher zu entscheiden, noch besser umgesetzt werden. Es geht darum, rascher, kostengünstiger, effizienter und einfach besser zu entscheiden und dabei das Heimatgefühl und die Identität der Menschen in den Regionen in die Entscheidungen einzubeziehen und im politischen Gestaltungsprozess noch besser zu berücksichtigen.

Föderalismus ist jedoch alles andere als ein sanftes Ruhekissen oder ein bequemer Polstersessel, von dem aus man manchmal Kritik oder Bewertungen in Richtung Wien oder Brüssel abgibt. – Föderalismus ist mehr! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Subsidiarität und Föderalismus bedeuten auch mehr Wettbewerb. Zukunftsorientierte Weiterentwicklung und Innovationen gibt es nämlich nur dort, wo ein Wettbewerb der Ideen und Initiativen stets möglich ist. Wer ja zum Föderalismus sagt, sagt auch ja zu einem Wettbewerb der Regionen und der Institutionen.

Eine Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit von Organisationsstrukturen können wir dort studieren, wo Wettbewerb bereits vorhanden ist – zum Beispiel in der Wirtschaft. Seit vielen Jahren sind dort auch tiefgreifende Veränderungen weg von zentralistischen Führungsstrukturen hin zu mehr Dezentralisierung – zugegebenermaßen bei einem gleichzeitigen Verbund – zu beobachten. Als die elektronische Datenverarbeitung aufkam, war man in der Wirtschaft zunächst der Meinung, dass nun alle denkbaren Daten ohnedies in der Zentrale zur Verfügung stünden und dass man dadurch ein Unternehmen auch effizient und erfolgreich führen könne.

Mit der Zeit reifte aber die Erkenntnis, dass dies zu einer Entmündigung der Mitarbeiter, zu undurchschaubaren Strukturen, zu Kundenferne sowie zu weiteren negativen Entwicklungen führt. Wie in jedem Wettbewerb suchten auch hier einzelne Menschen nach besseren Strukturen und fanden sie auch. Die anderen wurden durch die positiven Beispiele angeregt oder zu einer Veränderung ihres Verhaltens gezwungen.

Auch im Staatswesen benötigen wir Organisationsstrukturen und Formen von Zusammenarbeit, die ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit ermöglichen. In der Wirtschaft kennt man dafür den Begriff einer "lernenden Organisation". – Ich glaube, das kann man auch auf das Staatswesen, auf Staatsgebilde, Länder, Gemeinden und staatliche Strukturen übertragen.

Dazu gehört auch die Übereinstimmung von Zuständigkeit, Verantwortung und Handlungsmöglichkeit. Dafür sind überschaubare Einheiten, die flexibel und anpassungsfähig sind, wichtig. Ich glaube, es eint uns, wenn wir feststellen können: Das Zeitalter der Zentralisten ist


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