Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 23

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merkenswerten Abschiedsrede aufgehört hat, und ich glaube, das sind neue Zeichen, die wir zu würdigen haben. Ich gratuliere der Frau Präsidentin von dieser Stelle aus noch einmal sehr herzlich.

Herr Landeshauptmann! Herr Kneifel hat gemeint, der Name Pühringer und Föderalismus seien untrennbar miteinander verbunden. – Da dürfte er aber nicht in die Archive geschaut haben, denn die Verbindung Föderalismus und Landeshauptmann Pühringer gibt es dort kaum. Insofern, muss ich sagen, sind das heute erstmals sehr deutliche Worte zum Föderalismus. Es gibt einige, aber nur einige wenige, wenn man das mit anderen vergleicht. Insofern bin ich ihm dankbar für diese Feststellung, auch für die Feststellung zum Prinzip der Bundesstaatlichkeit und auch zur Rolle des Bundesrates und der Landtage.

Gleichzeitig aber, Herr Landeshauptmann, bin ich zutiefst verwundert, dass der amtierende Bundeskanzler offensichtlich zu diesen Prinzipien ein etwas gestörteres Verhältnis hat, denn der Bundesrat wartet schon sehr lange darauf, dass der Herr Bundeskanzler hier einmal erscheint, zumindest zu jenen Gesetzen und Materien, die er zu verantworten hat, aber er hat mit dem Herrn Medien- und Kulturstaatssekretär einen Bundesratsminister geschaffen.

Ich vermute auch, dass der Herr Bundeskanzler nicht einmal heute, bei seiner eigenen Fragestunde, anwesend sein wird. Das ist eine Missachtung des Föderalismus und auch eine Missachtung dieses Hauses, und ich bedauere das. Das kann der Bundesrat auch nicht hinnehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Wieso wissen Sie das schon?)  – Ich vermute das. Viele Monate hat der Bundesrat vergeblich auf das Erscheinen des Bundeskanzlers gewartet. (Bundesrat Schöls: Das hängt mit Ihrer kurzen Amtszeit hier zusammen! – Ruf bei der SPÖ: Ich bin schon länger da und hab ihn auch nicht gesehen!) – Viele Monate hat der Bundesrat vergeblich auf sein Erscheinen gewartet!

In all den Ausführungen zum Föderalismus sind wir uns von den großen Prinzipien her immer einig, aber Herr Kollege Kneifel hat hier mit dem Entschließungsantrag Kneifel und Böhm diese Einigkeit einfach gekippt, nämlich durch zwei Dinge, meine Damen und Herren:

Würden wir dem Ansinnen von Kneifel und Böhm folgen, dann würden wir heute hier eine doppelte Entmündigung beschließen: einerseits durch die Bindung des Mandates, auch wenn hier verschämt steht: in Kernfragen. Was heißt "Kernfragen"? – Das ist eine diffuse Darlegung, und das widerspricht einfach den Grundprinzipien unseres Staates in allen Fragen der Mitbestimmung. Das ist eine Entmündigung des Bundesrates!

Die zweite Entmündigung des Bundesrates stellt die Verankerung der Landeshauptleutekonferenz in der Bundesverfassung dar, meine Damen und Herren! Das ist nämlich die reale Entmündigung auch dieses Bundesrates, zu deren Stärkung sich heute auch der Herr Landeshauptmann und alle Vorredner bekannt haben. Wenn reale Politik und reale Machtentscheidungen in dem heutigen inoffiziellen Gremium, das nirgendwo in der Bundesverfassung verankert ist, stattfinden, dann darf man sich nicht wundern, wenn der Bundesrat in Ohnmacht erstarrt bleibt.

Meine Damen und Herren! Ja zu einer Reform des Bundesrates, ja zu einer Stärkung des Föderalismus, aber vor allem ja zu einer Reform, denn was wir heute unter Föderalismus haben, ist ein Einnahmenzentralismus und im Wesentlichen ein Ausgabenföderalismus. Wir brauchen diese Reform gerade im Sinne der Sparsamkeit, der Bürgernähe, der Zweckmäßigkeit, der Partizipation und der Unmittelbarkeit.

Wir brauchen auch eine Definition, die Föderalismus nicht immer nur als Verhältnis des Bundes zu den Landeshauptleuten und ihren Kompetenzbereichen, nämlich den Bezirkshauptmannschaften, definiert, sondern die Föderalismus als die Festschreibung von föderalen Rechten für die Städte, für die Gemeinden und letztlich des einzelnen Bürgers zum Staat ansieht.

Meine Damen und Herren! Als erster Schritt einer solchen Reform wäre es beispielsweise angebracht, dass es künftig auch gemeinsame Ausschussberatungen zwischen dem Bundesrat und dem Nationalrat gibt, dass die Landeshauptleute nicht verfassungsmäßig mit ihrer Konferenz in


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