Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 87

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es bei solchen Aktionen nicht darauf ankommt, einem Diplomaten irgendeinen Container – "in die Hand zu drücken" kann man in diesem Fall nicht sagen – zu übergeben, irgendwo in Damaskus, in Wien oder wo auch immer, sondern dass es entscheidend ist, dorthin zu gehen, wo die leidenden Menschen sind, in die Spitäler hinaus, und in mühsamen Verhandlungen mit dem Regime zu versuchen, die Erlaubnis zu erhalten, sich diese Spitäler selbst auszusuchen, damit die Hilfsgüter nicht im Privatspital der Republikanischen Garden landen, sondern tatsächlich in einem Wohnviertel-Spital in Bagdad. (Bundesrätin Haunschmid: Das wissen Sie!) Natürlich weiß ich das! Ja selbstverständlich, Frau Kollegin! (Bundesrätin Haunschmid: Ach so, dann waren Sie dabei?) Ich beschäftige mich seit Jahren damit, und genau darum geht es: dass hier jemand als Trittbrettfahrer aufgesprungen ist (Bundesrätin Haunschmid: Wenn das Vranitzky gewesen wäre, wäre es recht gewesen!) und jetzt empört ist, dass er vom Trittbrett gerutscht und auf die Nase gefallen ist, dass er ertappt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will mich gar nicht darüber mokieren, dass man um einen Betrag, der das Dreifache des Wertes der Hilfsgüter ausmacht, ein Flugzeug chartert. Ich will mich gar nicht darüber mokieren, dass man beim UNO-Sanktionskomitee um die Erlaubnis ansucht, mit den Hilfsgütern nach Bagdad zu fliegen, und wenn man die Hilfsgüter nicht genehmigt bekommt, eben einen Antrag auf einen Flug ohne Hilfsgüter stellt! Dass Herr Haider eine Hilfslieferung für die Not leidende Bevölkerung des Iraks sein könnte, ist mir relativ unerklärlich. Dass die UNO dann fragt, wo dann der humanitäre Aspekt bleibt – von Haider besucht zu werden, ist eher ein inhumaner Aspekt! (Heiterkeit bei der SPÖ) –, ist in höchstem Maße verständlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es noch einmal: Hier wurde und wird in einer wirklich beispiellosen Weise vorgeschoben, persönlich Betroffener zu sein, helfen zu wollen, wo es in Wirklichkeit nur darum geht, in die Schlagzeilen zu kommen (Bundesrätin Haunschmid: Ein Wahnsinn!) – auch dann, wenn es die Schlagzeilen von "Al Thaura" und der Abendnachrichten des irakischen Fernsehens sind. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wie der Schelm denkt, so ist er! Den Charakter braucht man, um so zu denken!)

Herr Kollege! Ich bin gerne bereit, meinen Charakter mit Ihnen zu diskutieren, wenn Sie mir das sagen, was Sie über den Charakter des Kärntner Landeshauptmannes wirklich meinen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Das sage ich Ihnen jederzeit! – Bundesrätin Haunschmid: Gerne!)

Andere Sprecher aus den Reihen unserer sozialdemokratischen Fraktion werden zu diesem Thema noch ein paar erhellende Begebenheiten erzählen, die das, was ich hier ein wenig generalisierend gesagt habe, in drastischer Weise untermauern. Was bleibt, ist die freundschaftliche Begegnung mit dem Herrn da. (Der Redner weist auf das erwähnte Foto.) Was bleibt, ist die Vereinbarung über Zusammenarbeit zwischen der Freiheitlichen Partei und der irakischen Baath-Partei. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist absurd!) Wir werden einmal schauen, was das für die österreichische Politik bedeutet – hoffentlich nicht dasselbe wie im Irak, dann würde ich nämlich, ehrlich gesagt, um meinen Kopf zu fürchten beginnen, und zwar im eigentlichen physischen und existenziellen Sinn des Wortes –, und wir werden sehen, ob jener gemeinsame Kampf gegen die zionistische Verschwörung da irgendwelche praktischen Folgen hat. (Bundesrätin Haunschmid: Das ist unwahrscheinlich!)

Frau Kollegin! Das ist unwahrscheinlich, in der Tat (Bundesrätin Haunschmid: Das ist unwahrscheinlich, was Sie für ein schlechtes Denken haben!), aber der Herr Landeshauptmann hat es nicht für notwendig gefunden, eine einzige der Meldungen, die die irakischen Medien über Gesprächsinhalte und Vereinbarungen veröffentlicht haben, auch nur ansatzweise zu dementieren. Ganz im Gegenteil: Er hat begonnen – auch dazu wird im Detail noch etwas zu sagen sein –, die Propagandabehauptungen des irakischen Regimes Punkt für Punkt für die österreichische Öffentlichkeit zu wiederholen.

Mein Mitleid mit der Frau Vizekanzlerin hält sich naheliegenderweise in Grenzen. Sich nach entsetzlichen Mühen Gesprächstermine in Washington vereinbaren zu lassen und dann dort nicht die erhoffte Salvation zu erfahren, sondern bei jedem dieser Gespräche die eine und einzige Frage gestellt zu bekommen: Auf welcher Seite steht denn nun dieses Österreich, deren


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