Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 35

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Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelangen zu Punkt 1: Bundesgesetz über Vereine.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Christoph Hagen übernommen. – Bitte, Herr Bundesrat.

Berichterstatter Christoph Hagen: Der Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 20.März 2002 betreffend ein Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002) liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 3. April 2002 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Manfred Gruber. – Bitte, Herr Bundesrat.

10.22

Bundesrat Manfred Gruber (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man selbst zum Kreis jener Personen zählt, die sehr oft als Vereinsmeier bezeichnet werden, und wenn man hört, es soll ein aus dem Jahre 1951 stammendes Vereinsgesetz novelliert werden, dann werden natürlich zwangsläufig Erwartungen geweckt. Ein an und für sich gut funktionierendes Vereinsgesetz noch zu verbessern kann ja nur eine gute Tat sein.

Ich darf diesbezüglich Kollegen Khol zitieren, der 1997 gesagt hat: "Ein Meilenstein in der Entwicklung der Demokratie in unserem Land war das Vereinsgesetz 1867. Es gilt noch heute in seinen Grundzügen unverändert. Es ist ein schlankes Vereinsrecht: 31 kurze Paragraphen und fünf Druckseiten."

Wenn man aber nicht nur ein Vereinsmeier ist, sondern auch mit der Politik zu tun hat und die letzten Zahlen aus dem Innenministerium kennt, die belegen, dass im Jahr 2000 4 740 Vereine neu gegründet wurden und nur 30 untersagt wurden oder ein Jahr davor bei 825 Vereinsauflösungen 823 nicht wegen Konflikten, nicht deshalb, weil sie mit dem Gesetz oder mit dem Finanzamt Probleme gehabt hätten, gelöscht wurden, sondern ausschließlich wegen Unaktivität, dann kann man davon ausgehen, dass dieses Vereinsgesetz nicht nur mit den Grundzügen aus 1867, sondern auch mit jenen aus 1951 doch sehr gute Arbeit geleistet hat. Als Politiker fragt man sich dann zwangsläufig: Was sind denn die neuen Ziele? Dazu kommt noch, dass dieses Vereinsgesetz nicht in der Koalitionsvereinbarung steht und überraschend schnell eingebracht wurde.

Unserer Meinung nach hat man damit die Möglichkeit, ein an und für sich gutes Vereinsgesetz noch funktionärsfreundlicher zu gestalten und einige Rechtsunsicherheiten – ich denke da an die Sponsoren – zu beseitigen, nicht genutzt und mögliche Entscheidungen den Gerichten zugeschoben. Damit wurde auch für uns das Ziel einer Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht erreicht. Auch der bescheidene Versuch, durch Optimierung und Effizienz die Vereinsarbeit zu erleichtern, ist misslungen.

Vereinfachungen und Verbesserungen für die Praxis wären unserer Meinung nach gefragt gewesen: weniger Kosten, weniger Bürokratie, weniger Aufwand, weniger Verwaltung, dafür aber mehr Gestaltungsautonomie. In dieser Novelle dominiert aber das Durchgriffsrecht des Innenministers. Ein sehr teures und aufwändiges Vereinskontrollregister mit 17 Details ermöglicht ihm, alle Daten bis hin zum kleinsten Verein und bis zum letzten Funktionär in Erfahrung zu bringen.


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