Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 44

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Es gibt noch eine andere Möglichkeit – Herr Kollege Grissemann, Sie kommen noch dran –: Wollen Sie leichter Vereine untersagen? (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist falsch!)  – Ich stelle die Frage, Herr Kollege Böhm! Aber es deutet schon etwas darauf hin. Gerade Sie als Jurist wissen, dass der Instanzenzug eingeschränkt wurde und dass jetzt nicht mehr das Innenministerium, sondern – das sage ich einmal unter Anführungszeichen – "nur" die Sicherheitsdirektionen für die Untersagung zuständig sind.

Schauen wir uns einmal die Zahlen des Jahres 2000 an – Herr Minister, da waren Sie noch nicht ressortzuständig. Von den 104 000 Vereinen wurden 823 aufgelöst, davon nur – oder Gott sei Dank – zwei wegen rechtswidriger Tätigkeit. Dieser Auflösung von 823 Vereinen stehen 4 740 Vereins-Neugründungen in diesem Jahr gegenüber. Davon wurden 30 untersagt. Die Gründe für Auflösung, für Rechtswidrigkeit, für Untersagung scheinen daher marginal zu sein.

Jetzt kommt eines der Hauptargumente des Herrn Ministers: Das ist der Gläubigerschutz. Auch dazu gibt es Zahlen. Lediglich 13 Vereine waren von einem Insolvenzverfahren betroffen. 13 Verfahren, es scheint hier ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Warum hat es die Vereine nicht erwischt? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Die Summe ... (Bundesrat Dr. Aspöck: Kollege, reden Sie einmal mit einem Praktiker! Da können Sie mit der Statistik heimgehen!) Gerne, ich stehe auch für die Summe zur Verfügung: 2 567 €. Also kann es das nicht sein, es kann auch der Gläubigerschutz nicht sein.

Herr Kollege Aspöck und auch Herr Kollege Gruber haben gesagt, es komme durch dieses Gesetz zu einer finanziellen Entlastung der Vereine. Okay, das stimmt, es kommt zu einer finanziellen Entlastung. Das muss man auch sagen; was stimmt, das stimmt. 200 000 € – Herr Gruber, Herr Bürgermeister, haben Sie das auf die bestehenden Vereine umgerechnet? (Bundesrat Manfred Gruber: 1 € pro Verein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind 2 € pro Verein! Herr Minister Strasser wird sich freuen, für das Niederösterreichische Hilfswerk bedeutet das 2 €. (Bundesrat Konecny: Die leben dann in Saus und Braus!)

Aber der Staat muss jetzt ein neues Vereinsregister einrichten. Ich nehme an, Herr Minister, Sie werden mir die Zahl von 1,8 Millionen € bestätigen, was die Kosten des neu einzurichtenden Vereinsregisters betrifft.

Es hätte nichts dagegen gesprochen, das Vereinsrecht, das – zugegeben – ein altes Recht ist, zu novellieren, aber dann doch bitte auch unter dem Blickwinkel der Praxis! Was belastet die österreichischen Vereine am meisten? – Das sind die Haftungsregelungen, darüber kann man reden, aber das ist vor allem das Steuerrecht! Es geht um eine Besserstellung im Steuerrecht. Die Vereine leiden unter der Steuerlast.

Ein Vorredner oder eine Vorrednerin hat schon gesagt, dass in keinem anderen Land der EU die steuerlichen Rahmenbedingungen für NPO – Non-Profit Organizations – so schlecht wie in Österreich sind. Vor allem hätte man da – und Österreich zeichnet sich durch eine hohe Spendenfreudigkeit aus, egal, ob für "Nachbar in Not", für "Licht ins Dunkel" oder für die zahlreichen NGOs – weitere Anreize für Spenden schaffen können, Modelle zur steuerlichen Begünstigung gemeinnütziger Organisationen. Doch das wird in diesem Gesetz nicht berührt.

Nun gibt es – Kollege Aspöck ist jetzt draußen – auch die Schlechterstellung der Vereine gegenüber anderen Rechtsformen. Das ist wirklich interessant, Herr Minister, denn ich hätte mir – da werde ich wahrscheinlich nicht mit allen in diesem Hohen Haus einer Meinung sein – eine Entflechtung erwartet, eine Entflechtung von Kapitalgesellschaften, die sich unter dem Mantel "Vereine" verbergen, oder von größeren Dienstleistungsunternehmen, die sich unter dem Titel "Vereine" verbergen.

Aber statt dessen wird nun ein zweiköpfiges Leitungsorgan eingeführt – das ist anders als zum Beispiel bei einer Kapitalgesellschaft –, oder es gibt Vorschriften zur qualifizierten Rechnungslegung. Dabei liegen die Wertgrenzen, die nun eingezogen werden, unter jenen von Kapitalgesellschaften. Das heißt, wir legen für die Vereine eine höhere Messlatte an. Auch bei der


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