Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 85

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Ehrlich gesagt, habe ich den Ausführungen nicht ganz entnehmen können, warum die Grünen nicht zustimmen. Die Kritik, was den Medienbereich angeht, ist nachvollziehbar; das ist überhaupt keine Frage. Es ist aber auch die Antwort des Bundesministers nachvollziehbar.

Ich glaube, dass das Gesetz auch in diesem Bereich Verbesserungen bringt. Das Problem, dass in der Vergangenheit Dinge passiert sind, die nicht hätten passieren sollen, ist unbestreitbar, wiewohl, wie ausgeführt wurde, im Verfahren eines fortgesetzten Marktmissbrauches hier neuerlich Möglichkeiten gegeben sein werden, einzuschreiten. Was die Möglichkeit betrifft, rückwirkend per Gesetz eine Entflechtung vorzunehmen, hege ich ernste Bedenken – auch als Geschäftsführer eines nicht allzu kleinen Unternehmens, der Interesse hat, wirtschaftlich zu agieren.

Zum Gesetz selbst: Ich meine, mit dem Gesetz liegt uns heute eine Materie vor, die – ginge es nach Kollegen Maier, der heute leider nicht hier sein kann – eigentlich gar nicht behandelt werden dürfte, denn so etwas wie Marktversagen gibt es seiner Meinung nach nicht; das hat er hier mehrfach betont. Dennoch hat sich die Bundesregierung entschlossen, den kartell- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften der Vergangenheit ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. Und da man auch für eine international kompatible Lösung eingetreten ist, für die man eine Verfassungsmehrheit benötigt, ist man wieder einmal an die SPÖ herangetreten, in Verhandlungen einzutreten – wie man dies zumeist dann tut, wenn es um eine Verfassungsmehrheit geht.

Nach der FMA in der vergangenen Sitzung gibt es nunmehr die nächste wirtschaftsrelevante Aufgabenstellung, der wir zustimmen werden, eben mit Verfassungsbestimmung, weil ihre Bewältigung einer sachlichen und kooperativen Diskussion entspringt, wiewohl dieser Diskussionsprozess – das wurde mehrfach betont – sicher noch nicht beendet ist.

Die zu lösende Problematik hat ihre Wurzel darin – ich glaube, auf den Medienbereich speziell nicht mehr eingehen zu müssen –, dass Märkte nur unter "Laborbedingungen" – unter Anführungszeichen – effizient agieren und bereits das Fehlen vollständiger Information – das ist der Regelfall in der Realität des Wirtschaftslebens – zum Versagen der Märkte führt, in unterschiedlichem Ausmaß und sicher auch mit unterschiedlichen Konsequenzen.

Da also die vielzitierten unsichtbaren Hände in Wirklichkeit deshalb unsichtbar sind, weil sie nicht existieren, benötigen Märkte in der Regel gewisse Aufsichts- und Regulierungssysteme. Die Marktwirtschaft neigt eben in bestimmten Bereichen dazu, genau das, was sie selbst als höchstes Ziel bewertet, nämlich den freien Wettbewerb, aus sich selbst heraus zu behindern und letztendlich zu beseitigen. Dort, wo nicht die Ordnungspolitik anderes gebietet – auch diese Fälle gibt es zweifelsohne –, sind Kartelle, Oligopole und Monopole in jeder Hinsicht suboptimal, sowohl für den Konsumenten als auch für die Gesamtheit der Wirtschaftstreibenden.

Es ist durchaus verständliches Ziel jedes im Wettbewerb befindlichen Unternehmens, den Markt beherrschen zu wollen, es ist aber auch durchaus verständliches Ziel einer sinnvollen Wettbewerbspolitik, genau dies zu unterbinden. Das muss, so glaube ich, insbesondere auch dann beachtet werden, wenn man einer Liberalisierungs- und Deregulierungspolitik ohne Wenn und Aber huldigt. Deregulierung bringt ohne Zweifel kurzfristig mehr Wettbewerb – das ist keine Frage –, mittelfristig birgt sie ohne begleitende Regulierung aber die Tendenz zu oligopolistischen und monopolistischen Strukturen in sich – mit all den negativen Begleiterscheinungen wie zu geringe Leistungsbereitstellung, zu hohe Preise, mangelhafte Qualität und so weiter, also all das, was unter dem Begriff "Marktversagen" zu subsumieren ist. Empirische Beispiele aus den Bereichen Telekommunikation, Bahn, Medien, kommunale Versorgung, Energie sind international vielfach eindrucksvoll belegt.

Wettbewerb ist in vielen Bereichen etwas Positives, führt zu Weiterentwicklungen, begünstigt Konsumenten ebenso wie den Arbeitsmarkt, und schon aus diesem Grund sind sinnvolle Überarbeitungen wettbewerbsrelevanter Vorschriften zu begrüßen.

Die Mängel des bisherigen Systems, das schon mit der Kartellgesetznovelle 1999 deutliche Verbesserungen erfuhr, sind vielfach diskutiert worden. Ich möchte nur einige Punkte noch


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