Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 94

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grundsätzlich auch in Ordnung –, sie muss sich aber an jenem Anforderungsprofil orientieren, das im konkreten Insolvenzfall notwendig ist. Bei fehlender Unabhängigkeit oder sonstigen Bestellungshindernissen ist die als Masseverwalter in Aussicht genommene Person zur entsprechenden Bekanntgabe verpflichtet.

Die Einrichtung einer Insolvenzverwalterliste soll die Gerichte in die Lage versetzen, die Bestellung auf Grund einer verbesserten Übersicht über die dazu geeigneten Personen zu treffen. Die zentrale Führung der Liste beim Oberlandesgericht Linz soll unerwünschte regionale Verflechtungen und Abhängigkeiten nach Möglichkeit verhindern.

Sinnvoll erscheint es auch, die Stellung des Treuhänders im Abschöpfungsverfahren im Zuge des Schuldenregulierungsverfahrens im Konkurs natürlicher Personen zu stärken.

Noch wichtiger ist mir persönlich – das wird man mir von meiner Profession her verzeihen – die Zivilverfahrens-Novelle 2002. Sie bildet zweifellos einen Meilenstein in der neueren Geschichte der österreichischen Zivilprozessreform. In zeitgemäßer Form kehrt sie nämlich zum leider zwischenzeitig oft verwässerten Grundkonzept Franz Kleins von 1895 zurück, das damals – für seine Zeit – ein rechtspolitisch genialer Wurf war und europaweit als Vorbild diente, geht es doch dabei im Wesentlichen um ein zeitloses Dilemma jeglicher Rechtspflege: Auf der einen Seite soll das Prozessergebnis, das richterliche Urteil, möglichst tatsachen- und rechtsrichtig sein, auf der anderen Seite nützt das beste Urteil selbst der erfolgreichen Partei nichts, wenn es zu spät kommt. Das Beklagen überlanger Verfahrensdauer ist daher ein ewiges Thema der rechtspolitischen Diskussion.

Das zentrale Anliegen der heute zu beschließenden Novelle waren demgemäß vorrangig die Vereinfachung, Beschleunigung und gesteigerte Effizienz des Zivilprozesses. Dieses Reformziel ist vom Justizminister und von den – heute schon erwähnten – Fachreferenten seines Hauses den zunächst widerstrebenden Kräften in Anwalt- und Richterschaft mühsam abgerungen worden. Dafür gebühren ihnen unser Dank und unsere höchste Anerkennung. Als Mitglied der diese Novelle vorbereitenden Arbeitsgruppe kann ich all das aus eigener Wahrnehmung und voller fachlicher Überzeugung bestätigen.

Der anwaltlichen Standesvertretung musste klar gemacht werden, dass eine Beschleunigung des Zivilprozesses nur gelingen kann, wenn der Anwalt als der professionelle Rechtsberater und -vertreter stärker in die Pflicht genommen wird; und das nicht etwa nur vordergründig als Vertreter solcher Beklagter, die nicht allzu selten an der Verschleppung des Prozesses interessiert sind, sondern auch als Rechtsfreund des Klägers, als der er sich nicht immer so früh wie möglich ausreichend über den streitgegenständlichen Sachverhalt und die zur Verfügung stehenden Beweismittel informiert.

Diesen in der Praxis aufgetretenen Defiziten trägt vorrangig eine grundsätzliche Neuregelung Rechnung, und zwar die gesetzliche Verankerung einer Prozessförderungspflicht der Parteien. Sie sind, kurz gesagt, nunmehr dazu verhalten, die für ihren Prozessstandpunkt notwendigen beziehungsweise günstigen Tatsachenbehauptungen bereits zum vorbereitenden Termin vorzutragen und die Beweismittel zu deren Untermauerung möglichst früh vorzulegen.

Die dagegen geäußerten Bedenken, dass selbst sorgfältig agierende Anwälte dieser strengen Anforderung vielfach nicht entsprechen könnten, ließen sich durch folgendes Korrektiv zerstreuen: Zur Präklusion, das heißt, zum Ausschluss und damit zur Zurückweisung eines Vorbringens, das objektiv verspätet erstattet wurde, kann es nur dann kommen, wenn der Nachtrag des Sach- und Beweisvorbringens auf einem groben Verschulden der Partei beziehungsweise ihres Vertreters beruht.

Zudem ist die Berücksichtigung des objektiv verspäteten Vorbringens nur dann unzulässig, wenn es zu einer erheblichen Verzögerung des Prozesses führt. Darin sehe ich einen ausgewogenen und sachgerechten Ausgleich zwischen dem Interesse an einer richtigen Entscheidung auf umfassender Sachgrundlage einerseits und jenem an einer redlichen und zügigen Prozessführung andererseits. Im Gegenzug zu den hiemit erhöhten Anforderungen an


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