Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach der ersten Euphorie nach der Regierungsumbildung kommt jetzt bei so manchen Mitgliedern innerhalb der Regierungsfraktionen das böse Erwachen, und im Bereich des Sozialen wird es am augenscheinlichsten. Wenn hier der Herr Bundeskanzler und auch Sie, Herr Bundesminister, versucht haben, die Sozialpolitik dieser Regierung zu glorifizieren, so muss man sagen, sehen das andere ein bisschen anders.
Jemand sagt zum Beispiel: Es braucht geistige und soziale Aufbruchsstimmung und Widerstandsgesinnung in diesem Land, mehr Wärme und Herz, soziale Sicherheit und politische Verlässlichkeit für den Mitmenschen. Die über Jahrzehnte schwer erkämpften Grundpfeiler der Gesellschaft in der Lebenssicherung, der Pension, der Gesundheit und der Arbeit müssen für alle politischen Parteien unantastbar auch in der Verfassung verankert sein. Jede Initiative, die dieses Ziel verfolgt, findet meine volle Unterstützung. – In Richtung ÖVP sagt dieser Herr: Manche bräuchten halt wieder eine Einschulung in christlich-sozialer Politik.
Das ist kein Ausspruch eines Proponenten vielleicht der Sozialdemokraten, kein Ausspruch eines Proponenten vielleicht der Grünen, kein linksradikaler Juso, nein, der Präsident der Tiroler Arbeiterkammer, Herr Fritz Dinkhauser, hat dieses gesagt. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Da wird sich Kollege Schöls wahrscheinlich auch anschließen! – Bundesrat Schöls: Wann kommt dein Sprücherl?) – Ich komme schon dazu. Am Ende des Tages weißt du es vielleicht auch, dann kannst du es aufsagen. (Bundesrat Schöls: Hoffentlich vergisst du es nicht!)
Es gibt auch innerhalb der Reihen der FPÖ Vertreter, die das durchaus ein bisschen anders sehen als die Vertreter hier auf der Regierungsbank. Ein Kollege aus Niederösterreich, der Vorsitzende der Amstettner FPÖ, sagt – nachzulesen in den "NÖN" diese Woche –: Mit der Sache selbst, nämlich mit dem Sozialstaat-Volksbegehren, kann ich mich ganz eindeutig identifizieren. – Und er wird es auch dementsprechend unterschreiben. (Bundesrat Dr. Lindinger macht eine abwehrende Handbewegung.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Aussagen, diese Meinungen auch aus den Reihen der Regierungsfraktionen werden immer mehr, sie werden deshalb mehr, weil viele einem zusätzlichen und immer wiederkehrenden Raubbau am Sozialstaat nicht mehr zusehen wollen. Diesen Raubbau bezeichnet der Schriftsteller Michael Köhlmeier als barbarisch. – Herr Kollege Bieringer! Ich gebe es Ihnen dann, dann können Sie das lesen. (Bundesrat Bieringer: Ist das so bedeutend, was du sagen willst?)
Michael Köhlmeier schreibt: Barbarisch allerdings nenne ich es, eine Politik zu riskieren, die für ein Goldenes Kalb mit Namen Nulldefizit viele Menschen über jene Klippe drängt, die in einer zivilisierten Gesellschaft nicht überschritten werden darf. Wenn einem Arztbesuch die Überlegung, ob ich ihn mir leisten kann, vorangeht, so ist das unwürdig, wenn ich weiß, dass anderen in dieser Gesellschaft diese Demütigung erspart bleibt.
Daher, werte Kolleginnen und Kollegen, muss uns ein Punkt im Sozialbereich zu denken geben, nämlich die Ambulanzgebühren, die heute des Öfteren auch vom Herrn Minister angesprochen wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbst in den eigenen Reihen der FPÖ ist diese Ambulanzgebühr längst nicht mehr unbestritten. Schon im März des Vorjahres hat Kollege Gaugg – ich glaube, er ist Sozialsprecher der FPÖ – zu dieser Ambulanzgebühr gemeint: Ja, ich bin dagegen, dass alles in dieser Eile und in dieser überhasteten Form passiert, weil in der Eile und Hast sind schon Fehler passiert, und ich befürchte dass es unter Umständen wieder zu Pannen kommen wird. – Ich muss sagen, Herr Gaugg hat Recht gehabt. Es sind Pannen passiert, es passieren Pannen, und es ist die Ambulanzgebühr in Summe in Frage zu stellen.
Auch die Gesundheitsexpertin der FPÖ, Beate Hartinger, fordert die Abschaffung der Ambulanzgebühren. (Bundesrat Freiberger: Auf die hören sie auch nicht!): Es sei an der Zeit, die Gebühr abzuschaffen. Reaktion des Herrn Gesundheitsstaatssekretärs: Dieser Vorstoß sorgt für Ärger.
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