Bundesrat Stenographisches Protokoll 687. Sitzung / Seite 12

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Ich habe die Absenz des Herrn Innenministers deshalb bedauert, weil ich mir erwartet hätte, dass er fünf Tage vor diesem 8. Mai von sich aus bei einem Zusammentreten einer der beiden Kammern des Parlaments eine Erklärung darüber abgibt, wie die Sicherheitsbehörde – und er als Höchstverantwortlicher in diesem Bereich – die drohenden Auseinandersetzungen zu handhaben beabsichtigt. Ich bedaure, dass dies nicht möglich ist. Ich weiß nicht, ob sich die Frau Vizekanzlerin dazu legitimiert fühlt; als stellvertretende Regierungschefin wäre sie natürlich im Sinne einer politischen Gesamtverantwortung moralisch und politisch dazu legitimiert, aber es ist ihre Entscheidung, eine solche Erklärung abzugeben.

Es geht nicht darum, einen Tag vorzubereiten, an dem Gewalt geübt wird. Es geht darum, einen Tag vorzubereiten, der in würdiger Art und Weise das zum Ausdruck bringt, was wir auch in der vergangenen Stunde gefühlt haben, sofern wir dabei anwesend waren. Es ist mit Sicherheit nicht richtig, wenn ... (Bundesrätin Haunschmid: ... mit Steinen werfen! – Bitte Frau Kollegin? (Bundesrätin Haunschmid: Das ist wahr!) – Was ist wahr? (Bundesrätin Haunschmid: Das ist ungeheuer, was Sie da von sich geben!) – Frau Kollegin! Vielleicht könnten Sie ein wenig von dem nachklingen lassen, was Sie – Sie waren anwesend – gehört haben. (Bundesrätin Haunschmid: Das haben Sie nicht gemacht! Wir wollten es, aber das haben Sie nicht gemacht! – Bundesrat Ledolter: Das gilt aber für uns alle!)

Das gilt für uns alle. Herr Kollege! Ich habe mich redlich bemüht, und ich werde mich auch von Ihnen davon nicht abbringen lassen, hier in keine Polemik zu verfallen, sondern darauf aufmerksam zu machen, dass unser politisches Handeln und, so weit die Regierung gefragt ist, ihr politisches Handeln, wie es das Wort des Propheten gesagt hat, dem Sinn, dem Niveau, dem Auftrag einer solchen Feierstunde entsprechen sollten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass am 8. Mai im Jahr 2002 in der demokratischen Republik eine – es ist festzuhalten, dass es das ist – Kundgebung jener veranstaltet wird, die mit diesen Parolen schon vor ein paar Wochen durch Wien gezogen sind. Das rechtfertigt nichts, was außerhalb der Gesetze liegt, damit nicht die Spur eines Missverständnisses entsteht. Ich unterschreibe jedes Wort zum Thema Gewalt, das die Frau Präsidentin einleitend gesagt hat. Aber wir sollten uns eben nicht nur dann in gemeinsamen Veranstaltungen zusammenfinden, wenn wir zu gedenken beabsichtigen, sondern gerade dann, wenn es Gegner der Demokratie gibt, die auftreten und denen mit aller Entschiedenheit, aber ohne Gewalt, entgegengetreten werden muss. (Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann: Wir reden über die Dienstrechts-Novelle!)

Frau Vizekanzlerin! Ich lade Sie ein, sich vielleicht doch zu entschließen, dazu eine Erklärung abzugeben. Wir werden uns angesichts der Absenz des Herrn Innenministers überlegen, wie wir in anderer Weise zu einer Erklärung der Bundesregierung kommen können. Aber klar ist: Diese Provokation der Demokratie und der Republik und diese Provokation der Opfer des Nationalsozialismus, egal, ob sie Überlebende oder Tote sind, kann und darf es in unserem Land nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesrat Alfred Schöls ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.59

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Vizekanzlerin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin aus mehreren Gründen heute tief betroffen. Zum einen hat mich die Gedenkveranstaltung – ich zähle mich zu jenen Mandataren in der Länderkammer, die schon Mitglied der Länderkammer waren, als dieser gemeinsame Beschluss von Nationalrat und Bundesrat gefasst wurde – sehr betroffen gemacht, weil sie für uns alle wieder sehr augenscheinlich dargestellt hat, wie rasch es gehen kann und wie schnell Stimmungen kippen können.

Es hat auch gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn man – wobei das jetzt nicht entschuldigend, sondern nur für mich erklärend gesagt wird – mit einem anfänglich unbedacht lockeren Spruch Menschen in Situationen bringt, aus denen man sie dann nicht mehr – Sie gestatten mir, wenn ich das so salopp sage – "einfangen" kann.


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