Bundesrat Stenographisches Protokoll 687. Sitzung / Seite 21

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11.36

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich gar nicht zu Wort melden. Aber da dieser Tagesordnungspunkt auch ein bisschen der Aufarbeitung oder dem Nachdenken, dem Nachklingen der heutigen Gedenkstunde dient, habe ich mich doch zu Wort gemeldet.

Ich möchte der Frau Präsidentin, aber auch dem Präsidenten des Nationalrates meine tiefe Hochachtung für die heute gefundenen Worte ausdrücken und darauf hinweisen, dass das, was Lord Byron in jener Ode an Bonaparte formulierte und was Arnold Schönberg vertonte und wir heute gehört haben, dieser "Dark Spirit", von dem er gesprochen hat, leider noch immer und immer wieder sichtbar ist, wenn ich zum Beispiel daran denke, dass eine Publikation bis heute Presseförderung bekommt, auch angesichts der Worte, die wir gehört haben, nämlich dieses banale Bekenntnis des Auschwitz-Kommandanten, die Gaskammern zu verleugnen. So eine Publikation bekommt in Österreich Publikationsförderung! Daher denke ich, dass wir mit dem Gedenken nicht aufhören können ... (Bundesrat Dr. Böhm: Wen meinen Sie denn? – Ruf bei der ÖVP: Welche denn?) Welche es ist? – Herr Kollege Gudenus weiß es. (Bundesrat Mag. Gudenus: Was? Ich weiß da nichts! Reden Sie deutlich! – Weitere Zwischenrufe.)

Angesichts dessen, dass offensichtlich noch immer darum gerungen werden muss, in Nebenlagern von Mauthausen Gedenktafeln anzubringen, und sich eine Brauerei bis heute weigert, obwohl Häftlinge, Gefangene von Mauthausen, dort Zwangsarbeit geleistet haben, eine Gedenktafel auf dem Brauereigelände anzubringen, denke ich, dass es mit Gedenken allein noch nicht getan ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn diese Zweite Republik bis heute die Bewertung, den Respekt und die Achtung jener, die den Mut hatten, zu desertieren, schuldig geblieben ist beziehungsweise dies noch immer mangelhaft ist, so ist es mit Gedenken allein nicht getan.

Frau Vizekanzlerin! Sie haben auch in der Diskussion um oder im Vorblick auf den 8. Mai und rückblickend auf die Ereignisse um die Demonstrationen versucht – und ich finde das, ehrlich gesagt, infam –, die Opposition in die Nähe der Gewalt zu rücken und den Herrn Abgeordneten ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Herr Öllinger ist, glaube ich – und ich kenne ihn besser als Sie, ich weiß nicht, ob Sie mit ihm schon zu tun gehabt haben –, einer der sanftesten Menschen, die ich jemals kennen gelernt habe. (Bundesrat Dr. Böhm: Was hat er dann dort verloren?)

Das hat er erklärt, Herr Kollege Böhm! Ich bin es von Ihnen nicht gewöhnt, dass Sie mit Wölfen mitheulen. Er ist zum Vermitteln gerufen worden. Aber all das werden die Gerichte klären. Wenn Herr Hagen hier interpretiert, was diese Handbewegung zu bedeuten hat – es ist das einzige Foto –, dann kann ich sagen: Vielleicht könnten Sie noch hineininterpretieren, er hat grüne Luftballons mit Juckpulver getragen oder sonst etwas. Aber mehr war das nicht.

Nun das Nächste: Den früheren Finanzminister Edlinger im selben Atemzug mit Neonazis zu nennen und sein "Sieg Heil!", das vielleicht eine sehr unglücklich gewählte Formulierung war, aber das eine ganz andere – ich betone: eine ganz andere! – Aufgabe zum Ziel hatte, nämlich: Er wollte darauf hinweisen, aus welchem Loch so manches Gedankengut kommt, das man immer noch hört, finde ich unangebracht (Beifall bei der SPÖ), zumal das, wie vorhin, von Parteigängern jener Partei kommt, deren früherer Parteiobmann von "ordentlicher Beschäftigungspolitik" des Dritten Reiches gesprochen hat. Da muss ich ehrlich sagen: Es gibt keine Legitimation dafür, dies festzustellen!

Die Frau Vizekanzlerin hat gesagt, sie habe keine – wie soll ich es sagen? – klaren Worte gegen Gewalt von Seiten der Opposition vernommen. – Ich denke, der Herr Nationalratspräsident hat das heute gesagt, auch unsere Frau Präsidentin hat das heute gesagt, und auch ich stehe nicht an, zu sagen: Ich lehne gewaltbereite oder gewalttätige Demonstrationen zutiefst ab! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm: Pilz auch? – Bundesrat Konecny: Das hat er sehr deutlich gesagt!)


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