Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 124

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Der Teufel steckt aber im Detail: Eine freihändige Privatisierung verstößt gegen die Transparenzrichtlinien der EU. Der Verkauf von Postbus-Unternehmensteilen muss somit EU-weit ausgeschrieben werden. Anstatt Dr. Richard und ähnlichen Unternehmen konnte so der französische Vivendi-Konzern zum Zug kommen. Laut Konzessionsrecht dürfen Streckenkonzessionen – und um diese geht es bei den Privaten – nicht verkauft werden. Sie können dem Staat zurückgegeben und dann neu vergeben werden. Die privaten Interessenten könnten damit leer ausgehen. Herr Minister! Wissen Sie, was Sie da aufs Spiel setzen?

Rund 70 Prozent der Postbus-Bediensteten sind pragmatisierte und unkündbare Beamte. – Bleibt als Dienstgeber also nur die ÖBB – und die jammern jetzt schon, dass sie zu viele Mitarbeiter haben, die in Frühpension gehen. Das liegt momentan also nicht gerade im Trend. Wahr-scheinlich ist es so, dass sich die Mitarbeiter der Postbus AG fürchten müssen, angezeigt zu werden, wenn sie in Frühpension gehen. Das ist auch so eine Frage, die momentan gerade im Trend liegt.

Ich frage mich, wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen. – Diese ist nicht so dumm, wie die Herren in der Regierung glauben! (Bundesrat Dr. Maier: Na, na!) Erklären Sie einer älteren Frau, die vielleicht gerade einmal im Leben zum Bezirksgericht fahren muss, die vielleicht Mindestrentnerin ist und zur Gebietskrankenkasse muss, die vielleicht an einem Sonntag ins Krankenhaus fährt, um ihren Mann zu besuchen, weil er krank ist, die vielleicht aus dem hintersten Tal kommt, dass Sie genau die Postbusse abschaffen wollen, mit denen sie fahren will. (Bundesrat Fasching: Die streiken! Rufe bei den Freiheitlichen: Die Postbusfahrer streiken! – Bundesrat Dr. Lindinger: Da fährt die Post nicht!)

Ich darf das mit Zahlen untermauern: Österreichweit werden 729 Gemeinden von der Postbus AG angefahren, von den 279 Tiroler Gemeinden sind es 40 Prozent – in absoluten Zahlen heißt das 119 Gemeinden. Betroffen ist der Bezirk Imst. – Bitte verzeihen Sie mir, ich bin Tiroler, deswegen bringe ich dieses Beispiel ausführlicher: Im Bezirk Imst sind es 15 Gemeinden, im Bezirk Innsbruck Land 19, im Bezirk Kitzbühel 7, im Bezirk Kufstein 15, im Bezirk Landeck 19, im Bezirk Osttirol 13, im Bezirk Reutte 16 und im Bezirk Schwaz 15, also insgesamt sind es 119 Tiroler Gemeinden, die von Postbussen angefahren werden. (Bundesrat Dr. Maier: Und von wie vielen Bahnbussen? )

Interessant ist auch die Meinung von Wendelin Weingartner, der noch Landeshauptmann von Tirol ist und der christlich-sozialen Partei angehört: Es fehle nach wie vor ein schlüssiges Konzept der Bundesregierung für die Neuorganisation der Postbusse, die Proteste der Postbusbediensteten könne er daher verstehen, denn deren berechtigte Anliegen wurden bisher wenig berücksichtigt. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das dürfte doch wohl auch die Meinung des "Noch-nicht-Landeshauptmannes" und ÖVP-Landesparteiobmannes Herwig Van Staa sein, der gemeinsam mit dem "Noch-Landeshauptmann" bei den Demonstrationen war und sich mit den Mitarbeitern solidarisiert hat, die Sie hinauswerfen wollen. – So schaut es aus! (Rufe bei der ÖVP: Was ist mit den Bahnbussen? Wie viele Bahnbusse? – Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. )

Ich frage mich nach wie vor, wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen! Sie führen Ambulanzgebühren, Krankenscheingebühren, Chipkarten, die Besteuerung der Unfallrenten und diese ganze Litanei ein. (Bundesrat Fasching: Ach, das ist doch ein alter Hut! Bundesrätin Mag. Trunk: Zwei Jahre! Das ist nicht so alt!) Das ist ein Raubzug durch die Brieftaschen der österreichischen Bevölkerung! Ich habe mir notiert: 46 Prozent – die höchste Steuerbelastung, die die Bevölkerung momentan zu zahlen hat. (Bundesrat Fasching: Dank sozialistischer Finanzminister! 30 Jahre!)  – Kommen Sie mir jetzt nicht damit, das sei eine Altlast! Mittlerweile sind Sie seit zwei Jahren am Ruder und sollten es selbst besser machen, Kollege Fasching! Wie Sie das der Bevölkerung verkaufen wollen, darauf bin ich gespannt. (Bundesrat Steinbichler: Ja, ja! Es ist ein furchtbarer Zustand in Österreich! Die Leute in den orangen Zelten! Sie haben nichts zu essen! Das sind ja furchtbare Zustände in Österreich! Wandert bitte aus!)


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