Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 139

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Wir können das auch billiger machen und können Menschen mit lebensbedrohenden Erkrankungen auf ihr eigenes Börsel verweisen und sagen: Tut uns Leid, mehr als eine rudimentäre Grundversorgung ist nicht drinnen. – Aber ich unterstelle niemandem, dass er diese Politik verfolgen will.

Wenn also das System als Ganzes ein Defizit aufweist und es in manchen Fällen größer ausfällt, in anderen kleiner und in wenigen Fällen sogar Überschüsse vorliegen, dann ändert das an der Gesamtsituation nichts. Eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik muss das Gesamtproblem ansprechen und muss versuchen, eine Finanzierungsgrundlage für das Gesundheitssystem zu schaffen, die diese Kosten abdeckt.

Es hat – da erinnere ich mich relativ ungern an die letzten 14 Jahre – viele Versuche gegeben, eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage auch in der Krankenversicherung zu erreichen. Es hat dazu originelle und vielleicht auch im Einzelfall weniger originelle Ideen gegeben, aber wer sich einen Koalitionspartner aussucht, hat damit manchmal seine Probleme. – Ich erwarte jetzt keinen rauschenden Applaus von den Regierungsbänken. – Wir sind mit keinem dieser Vorschläge durchgekommen.

Letztlich ist es auch bei dem – vom Beitragsvolumen her betrachteten – kleinen Betrag oder, besser gesagt, Prozentsatz durchaus eine mögliche Option, dies über Beitragserhöhungen zu finanzieren. Aber ich gebe schon zu: Wenn man den Österreicherinnen und Österreichern das zugemutet hat, was Sie getan haben, dann steigen einem halt die Grausbirnen auf, wenn es noch einmal um ein Viertelprozent oder irgendetwas in dieser Größenordnung mehr an Krankenversicherungsbeiträgen geben könnte. Denn es stimmt schon: The last straw breaks the back. – Die letzte Zuwaage lässt dann den Zorn des Volkes so ausbrechen, wie man es als Regierung nicht gerne haben möchte.

Sie versuchen, dieses reale Problem hinter einem kurzfristig wirksamen – bis zur Wahl wird es schon halten, ist offensichtlich die Überlegung dahinter – Rauchvorhang zu verstecken.

Jawohl! Es gibt einige Krankenversicherungsträger, die tatsächlich über Reserven und Überschüsse verfügen. Diesen nehmen wir es jetzt in einer Überraschungsaktion weg, stecken es in einen Fonds, verzinsen es nicht, sagen in Wirklichkeit auch nicht, dass sie es zurückbekommen, aber legen ein paar wage Versprechungen dazu ab – und damit sind die ärgsten Löcher gestopft! (Bundesrätin Haunschmid: Für den Häupl geben wir das her!)

Frau Kollegin! Wenn Sie mir in einem einzigen Beispiel sagen könnten, dass sich die Wiener Gebietskrankenkasse oder der Wiener Landeshauptmann positiv über diese Maßnahme geäußert hätte, dann hätten Sie ein Recht zu diesem Zwischenruf. Nein! Wir könnten über eine Systemumstellung diskutieren, aber dafür zu sagen: Da gibt es Geld, und da machen wir die Loch-auf-Loch-zu-Methode!, werden Sie die Zustimmung weder der Wiener Gebietskrankenkasse noch der Wiener Landespolitik bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Man will also die Reserven, die kleinen Überschüsse, die zum Teil hart erarbeitet sind, zum Teil strukturell bedingt sind, einfach einkassieren. Unbegreiflicherweise offenbar für die Frau Kollegin freut es nicht einmal jene, die davon profitieren sollen, weil sie es für unehrlich halten. Begreiflicherweise freut es jene, denen das Geld weggenommen werden soll, noch sehr viel weniger.

Die oberösterreichische Landesregierung hat sich beschlussmäßig festgelegt, dass sie mit dieser Maßnahme nicht einverstanden ist.

Herr Landeshauptmann Schausberger verlangt von den Salzburger Mandataren, dass sie gegen die Koalition stimmen. – Er sollte bei uns beitreten; wir machen das fortwährend. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Tiroler Landespolitik hat sich in gleicher Weise geäußert, und Vorarlberg baut sicherheitshalber wieder einmal den Arlberg ein bisschen höher – ob die Trennwand in den Tunnels auch schon steht, weiß ich nicht.


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