Allerorten – auch bei den Eisenbahnern – werden die Möglichkeiten geprüft, dieses Geld nicht wie gefordert abzuliefern, sondern es zunächst einmal auf einem Treuhand-Konto gewissermaßen zu verstecken, um bis zu einer zweifelsfrei anstehenden rechtlichen Klärung dieser Verpflichtung zu entgehen. – Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist – das ist für mich in höchstem Maße typisch –, wie das über die Bühne geht. Da fällt der Regierung vermutlich in einer lang durchdiskutierten Nacht, in der man das Problem hin und her wälzt, eine Novelle zum ASVG, die diesen Abkassierungszug beinhaltet, ein. Dann schickt man diesen Entwurf, wie sich das an sich in unserem Gesetzgebungsverfahren gehört, zu einer Begutachtung aus. Dann passiert etwas ganz Eigenartiges, etwas, wodurch sich, was ich absolut verstehe, die Bundesländer – wir sind hier schließlich die Kammer der Bundesländer – gefrotzelt fühlen.
Zunächst einmal setzt man eine Begutachtungsfrist fest, die kürzer ist als jene, die im Konsultationsmechanismus vorgeschrieben ist. – Aber wenn man diese Bundesregierung ist, braucht man sich um nichts zu kümmern: nicht um das Verfassungsrecht, nicht um die Rechte von Betriebsräten, nicht um Gespräche und schon gar nicht um die Vereinbarungen, die man selbst mit den Bundesländern geschlossen hat.
Man schickt mit Schreiben vom 25. Mai diesen Gesetzentwurf zur Stellungnahme aus, und man setzt als Frist zur Stellungnahme – das ist zu kurz, aber soll sein – den 24. Juni 2002. Was tut die Bundesregierung dann? – Sie beschließt am 13. Juni eben diese Vorlage als Regierungsvorlage an das Parlament! – Wir brauchen euch nicht, wir schicken euch das nur als Alibi! Was ihr in die Begutachtung hineinschreibt, ist uns völlig Wurscht, wir wissen sowieso, wie es geht! Wir beschließen das und schicken es dem Parlament! (Bundesrat Gasteiger: Ein Skandal ist das!) – Das ist ein verfassungsrechtlicher Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)
In diesen Begutachtungen gibt es eine Fülle von Bedenken. – Der österreichische Rechtsanwaltskammertag weist natürlich mit Recht darauf hin, dass die vorliegende Regelung verfassungsrechtlich problematisch ist. Er führt aus: Da auch Selbstverwaltungskörper in vermögensrechtlicher Hinsicht dem Grundrechtsschutz des Artikel 5 Staatsgrundgesetz unterliegen, erhebt sich die Frage der Verfassungskonformität einer solchen Regelung. – Wenn Sie gescheiter sind als die österreichische Rechtsanwaltskammer, dann ehrt Sie das, aber sie hat es trotzdem geschrieben.
In der Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung wird festgehalten, dass es hier um eine exzessive – das ist nicht meine Wortwahl: exzessive! – Belastung geht.
Die Wiener Gebietskrankenkasse betont mit Recht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an den Ursachen des Defizits in der sozialen Krankenversicherung ansetzen, somit keine substanzielle Reform darstellen, sondern lediglich die bestehenden Probleme prolongieren.
Auch das Land Niederösterreich äußert sich negativ – obwohl Empfänger – und weist insbesondere darauf hin, dass die Begutachtungsfrist zu kurz ausgefallen ist. Es verlangt ausdrücklich von der Bundesregierung, dass eine etwaige Neuregelung des Ausgleichsfonds nur in Abstimmung mit den Ländern erfolgen kann und soll.
All das hat Sie nicht interessiert, denn als Sie das erhielten – ich habe genau auf die Daten geschaut –, hatten Sie das Gesetz in der Bundesregierung schon beschlossen – einstimmig selbstverständlich, denn sonst können Sie nicht beschließen. – Herr Staatssekretär Finz ist leider schon weg!
Der Rechnungshof, von dem wir heute so oft gesprochen haben, hat auch – aber natürlich nach Beschluss, weil die Bundesregierung das gar nicht hören will – festgestellt, dass der gegenständliche Entwurf weder das Problem der strukturellen Nachteile einzelner Kassen löst, noch dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kosten des Gesundheitssystems seit Jahren tendenziell stärker steigen als die Beitragseinnahmen. – Genau das ist das Problem, aber das will die Bundesregierung alles nicht hören – sie will kurzfristig die Probleme "zukleistern".
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite