Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 148

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zierbarkeit der notwendigen Maßnahmen in Frage stellt. Das ist übrigens ein Umstand, der bereits 1905 die damalige Arbeiterversicherungskasse beinahe in den Ruin getrieben hat.

Ich gehe nicht davon aus, dass anzunehmen ist, dass die notwendigen Strukturmaßnahmen in der Zwischenzeit hätten erfolgen können, sondern ich gehe davon aus, dass ganz einfach gesundheitliche Maßnahmen mit Risken verbunden sind und damit natürlich die finanziellen Risken ganz besonders im Vordergrund stehen.

Heute ist immer wieder von Einsparungspotenzialen die Rede: Natürlich ist es möglich, im Bereich des Vertragswesens Einsparungen vorzunehmen. Es ist möglich, im Bereich der Medikamentenpolitik Einsparungen vorzunehmen. Was ist aber, wenn wir all diese Dinge nicht mehr ausreichend anwenden können?

Kein Einsparungspotenzial sehe ich im Übrigen bei den Verwaltungskosten, denn wenn wir in Oberösterreich einen Verwaltungskostenanteil in der Höhe von 2,9 Prozent haben, dann möchte ich Herrn Kollegen Weilharter – ich weiß nicht, ob er uns das sagen will oder kann – fragen, wie hoch die Verwaltungskosten in seinem Institut sind.

Wir alle, die wir je damit beschäftigt waren, Mitarbeiterkassen zu beraten und über deren Nutzung zu diskutieren, wissen sehr wohl, in welcher Höhe private Unternehmen ihre Verwaltungskosten ansetzen müssen, nämlich bei rund 20 Prozent oder jenseits davon. Wenn wir aber auch darauf hinweisen – Kollege Riepl hat das auch bereits getan –, dass die Außenstände, die österreichweit durch nicht abgeführte Arbeitgeberbeiträge entstehen, eine Größenordnung von 835 Millionen € erreicht haben, dann würde ich glauben, dass das Begleichen dieser Schulden ganz wesentlich zur Bereinigung der Finanzsituation der Gebietskrankenkassen beitragen könnte, um nicht zu sagen, sie überhaupt beseitigen würde.

Ich habe schon gesagt, notwendige Strukturmaßnahmen unterstützen auch wir. Aber wir glauben, ja wir sind überzeugt davon, dass es notwendig ist, eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage vorzunehmen. Und dazu möchte ich mich hier nicht verschweigen. Wir sehen darin auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, denn die Verbreiterung der Beitragsgrundlage muss vor allem dort erfolgen, wo es entsprechende Beiträge zu lukrieren gibt, nämlich aus gut entlohnten Tätigkeiten.

Erlauben Sie mir bei dieser Thematik auch einen Sidestep in Richtung Frauenbeschäftigung. Es kann nicht angehen, zwar die Anhebung der Erwerbsquote der Frauen zu fordern, aber nicht gleichzeitig auch darauf hinzuweisen, dass dies keine prekären Dienstverhältnisse sein dürfen. Nicht nur die männliche Hälfte unserer arbeitenden Bevölkerung kann das Sozialsystem aufrecht erhalten, sondern es müssen alle Menschen, die im Erwerbsleben stehen, alle Selbständigen und Unselbständigen zu dieser Finanzierung beitragen.

Selbstbehalte können keine Lösung dieser Probleme sein. Sie verzerren vor allem auch den ursprünglichen Vertragspartnerwillen der paritätischen Finanzierung.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt zwar vom Herrn Staatssekretär die Beantwortung unserer Fragen zur Kenntnis genommen, ich betone aber, dass wir in weiten Strecken mit dieser Beantwortung nicht einverstanden sind, dass die Antworten nicht dem entsprechen, welche Meinung wir dazu vertreten. Das ergibt sich nicht nur aus unserer Stellung zur Thematik, sondern eigenartigerweise auch aus jenen Stellungnahmen, die aus der Koalition kommen.

Meine Damen und Herren! Wie Sie in dieser Situation mit dieser politischen Haltung und Ihrer Spaltung umgehen – einerseits die Koalitionsregierung, andererseits ganz wesentliche Mandatare Ihrer Partei und auch viele Ihrer Abgeordneten –, wird Ihrer eigenen Handlungsweise, Ihrer eigenen politischen Verantwortung überlassen bleiben. Ich denke aber, die Versicherten werden sich zu diesem Tohuwabohu ihre Meinung bilden können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Ferdinand Maier. Ich erteile ihm das Wort.


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