Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 89

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte hier auch ganz klar zum Ausdruck bringen, dass von Seiten der Sozialdemokratie jegliche Form von Gewalt abgelehnt wird, und zwar kategorisch. Aber wir lehnen auch ein generelles Vermummungsverbot ab. (Zwischenruf: Warum?) Das möchte ich Ihnen in meinen weiteren Ausführungen gerne näher erläutern.

Ich möchte nur ein Beispiel aus unserem Nachbarland, aus Deutschland, aus der Hansestadt Hamburg anführen. Dort können wir feststellen, um es kurz zu machen, dass der härteste Fall, der jemals stattgefunden hat, mit nichtvermummten Tätern passiert ist. Ich glaube, das sollte Ihnen etwas zu denken geben.

Wir sind nicht so, wie wir es immer wieder hören, ein Schlusslicht unter jenen Ländern, die dieses Vermummungsverbot zum Gesetz erhoben haben. Es gibt letztendlich nur drei Länder in der EU, in denen dieses Vermummungsverbot gesetzeskonform beschlossen wurde. Aber ich frage Sie: Gibt es in diesen drei Ländern weniger Gewalt als bei uns?

Der Missbrauch, den einige Chaoten betreiben, indem sie sich in eine von Haus aus friedlich organisierte Demonstration einmengen, ist das grundsätzliche Problem, und es ist unentschuldbar, wenn diese Situation von diesen Menschen immer wieder ausgenützt und mutwillig Sachschaden verursacht wird.

Noch viel schlimmer ist es aber, wenn Menschen dabei zu Schaden kommen, und ich denke, dass es unser gemeinsames Ansinnen sein muss, genau das in Zukunft zu unterbinden. Aber es ist auch schwierig und für mich eigentlich undenkbar, generell allen Demonstranten eine Kriminalisierung mit auf den Weg zu geben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Warum vermummen sich die Menschen bei Demos? – Das ist eine Frage, die legitim ist, und ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass wir sie uns hier gemeinsam in diesem Gremium stellen. (Bundesrat Ledolter: Aber die Antwort ...!)

Ich glaube, dass es vor allem zwei Gründe gibt. Da ist zunächst der eine miese Grund, dass es einige wenige gibt, die diese Demos einfach dazu benützen, um unerkannt ihre Aggressionen loszuwerden und Gewalt auszuüben, und das ist verurteilenswert – überhaupt keine Frage –, das tun wir auch gemeinsam! (Demonstrativer Beifall der Bundesräte Dr. Böhm und Mag. Himmer. )

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aber ich finde, dass man auch die zweite Gruppe von Menschen – das ist mit absoluter Sicherheit die große Mehrheit – nicht außer Acht lassen soll und nicht außer Acht lassen darf: Das sind jene Menschen, die sich vermummen, weil sie Angst haben, zum Beispiel vor ihren Arbeitgebern. Sie haben Angst, als Demonstrant erkannt oder aus bestimmten Gründen in ein politisches Eck gedrängt zu werden und ein Leben lang gebrandmarkt herumlaufen zu müssen, und das wollen sie sich nicht antun. Das muss man hier auch eindeutig zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. )

Noch etwas, geschätzte Damen und Herren der Regierungsparteien: Man kann nicht alles per Gesetz regeln beziehungsweise per Gesetz erzwingen. Das erzeugt Druck, Kollege Ledolter, ich glaube, darüber sind wir uns einig. Darüber, dass Druck Gegendruck erzeugt, sind wir uns auch einig. Daher glaube ich nicht, dass das der richtige Weg ist. Ich glaube, viel wichtiger ist es, einen Konsens und einen vernünftigen Weg zu finden. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, das Gespräch miteinander zu suchen. – Ich weiß schon, dass das ein sehr schwieriger Weg ist, und ich weiß auch, dass es wichtig ist, begleitende Kontrolle auszuüben, zum Beispiel bei einer Demo in Form von Gesprächskontakten.

Aber da gibt es ein Zauberwort, das man nämlich zusammenfassen kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde! Dieses Wort heißt Krisenmanagement. Das ist eine ganz einfache Sache, wenn man es gelernt hat.

Diktatorisches Grunddenken und diktatorische Maßnahmen bedeuten für mich einen Rückschritt in die Steinzeit, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als drastisches Beispiel möchte


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite