dieses Mandat
nahezu einstimmig erteilt (Bundesrätin Schicker: So ist es!), jedenfalls
mit einem Mehrheitsverhältnis, das sich von dem eines späteren
ÖVP-Bundesparteivorstandes nicht substanziell unterschied. Sie haben von diesem
Angebot keinen Gebrauch gemacht – was Ihnen auch zusteht; das ist eine
politische Entscheidung, die Sie zu treffen haben –, aber hier zu
versuchen, verschiedene Strategien in der Sozialdemokratie zu konstruieren, das
geht am Thema vorbei.
Niemand anderer
als Sie allein haben es zu verantworten, dass dieses Land drei Monate lang wie
gelähmt war, wiewohl eine dramatische Wirtschaftslage und eine noch
dramatischere internationale Situation energisches Handeln verlangt hätten.
Die Defizite wuchsen, die EU konstatierte eine Explosion der Staatsschulden,
die Arbeitslosenrate stieg, die Wirtschaft rief nach raschen Maßnahmen, aber
Sie sonnten sich lieber darin, dass ganz Österreich darüber spekulierte, was
Sie denn eigentlich wirklich wollen, und daran, dass eine Legion bewundernder
Schreiber Ihr einmaliges Verhandlungsgeschick pries.
Sie haben –
das hat diese Regierungsbildung gezeigt – einmal mehr bewiesen, dass Sie
ein fähiger Politiker sind, aber, Herr Bundeskanzler, sie hat noch mehr
gezeigt: Sie sind mehr als nur ein fähiger Politiker, Sie sind ein zu allem
fähiger Politiker! (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben davon
gesprochen, dass Ihr Regierungsprogramm von drei Eckpfeilern ausgeht. Wir haben
auch drei Eckpfeiler erkannt, allerdings waren es nicht dieselben, die Sie hier
angeführt haben. Es gibt einen Eckpfeiler, der sich darin ausdrückt, dass diese
Bundesregierung die Flucht aus der Verantwortung antritt. Es ist sehr einfach,
Belastungen zu verordnen und anderen deren Exekution zu übertragen.
Bei den
Ladenöffnungszeiten sind es die Landeshauptleute, auf die die tatsächliche
Entscheidung abgeschoben wird und denen damit die schwierige
Interessenabwägung zwischen den Forderungen der Wirtschaft und den Bedenken der
Beschäftigten übertragen wird.
Bei den
Selbstbehalten – nachdem das mit der Ambulanzgebühr ja so großartig
funktioniert hat – sollen es jetzt die Krankenversicherungsträger sein,
die Ihnen die Aufgabe abnehmen, denjenigen, die das Gesundheitssystem am
dringendsten brauchen, weil sie eben krank sind, zusätzlich zu ihren Sorgen und
ihrem Leid auch noch finanzielle Belastungen aufzuerlegen.
Besonders
originell ist aber, wie Sie die finanzielle Verantwortung für die von Ihnen so
heiß begehrten Abfangjäger einer nächsten Regierung überantworten, von der wir
nur hoffen können, dass Ihre beiden Parteien ihr nicht mehr angehören werden. (Beifall
bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm:
Wer sonst?) Ich habe da
noch irgendwie im Ohr: keine neuen Schulden! Wie ist denn das, wenn ich mir
eine Ware jetzt liefern lasse und sage, in fünf Jahren zahle ich das? Ist
das, was da inzwischen entsteht, nicht ein Schuldverhältnis? – Wenn ich
mich richtig entsinne, pflegen solche spät bezahlten Käufe die Kosten nicht
gerade zu senken. (Bundesrat Sulzberger: Die SPÖ hat jahrzehntelang
Schulden gemacht!)
Der zweite
Eckpfeiler – Sie haben uns heute auch ein paar Beispiele dafür
genannt – ist ein klar zu durchschauender Etikettenschwindel. Sie sprechen
von Wohltaten oder kündigen mehr Gerechtigkeit an, aber in Wirklichkeit geht
es immer nur um eines: nämlich zu Lasten der Bevölkerung einzusparen oder
dieser Bevölkerung sehr direkt Geld abzuknöpfen.
Sie haben das
Beispiel erwähnt: Die Frau Unterrichtsministerin hat ganz klar erkannt, wenn
man zwei Wochenstunden in den Schulen einspart, dann werden Österreichs Schulen
auf einmal PISA-tauglich. Sie weiß nicht, welche Stunden es sein sollen,
welche Gegenstände, aber sie weiß: Weg müssen sie!
Jetzt komme ich wieder zur Flucht aus der Verantwortung. Das sollen also jetzt, so höre ich, die Schulen entscheiden. Diese sollen sagen, bei uns gibt es keine Mathematik mehr oder keine Erdkunde oder wenig ... (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist absurd!) – Es ist absurd. Sie haben völlig Recht, Kollege Böhm, dieser Meinung bin ich auch! Aber ich habe das nicht gesagt, das hat die Frau Ministerin gesagt. (Bundesrat Dr. Böhm: Von Mathematik hat sie nichts gesagt!) Dahinter steht die nüchterne und zynische Überlegung: Wenn wir in der Stundentafel zwei
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite