Stunden
eliminieren und gleichzeitig natürlich die Lehrplananforderungen nicht
revidieren, was dann heißt, dass die Schüler wie die Mäuse im Tretrad in
weniger Zeit denselben Stoff erarbeiten müssen, dann erspare ich mir
Lehrerposten. Vollzeitmäßig sind dies wahrscheinlich 1 500, da jedoch
jene, die rausfliegen, üblicherweise die nur in Teilzeit beschäftigten Lehrer
sind, wird das die doppelte oder dreifache Anzahl an Menschen betreffen. –
Eine Wohltat für die Schüler? – Nein! Das ist eine zynische Einsparungsmaßnahme,
die mit einem netten Etikett verkauft wird. (Beifall bei der SPÖ und des
Bundesrates Schennach.)
Dann gibt
es – das finde ich auch sehr originell – die vollmundige Ankündigung,
man werde im Zuge jener so genannten Pensionssicherungsreform, was immer das
heißen soll, erstmals eine Mindestpension schaffen. Man muss also schon sehr
ahnungslos hinsichtlich der österreichischen Altersversorgung sein, um dieses
Wort „erstmals“ glauben zu können.
Wir haben ein
System, in dem alle jene, deren Pensionsanspruch unter einer bestimmten
Grenze – dem Richtsatz – liegt, eine Ergänzungszahlung bekommen, die
so genannte Ausgleichszulage. Die Richtsätze werden jedes Jahr festgelegt. Die
Ausgleichszulage ist die individuelle Höhe zwischen dem Anspruch und dem, was
man zum Überleben für notwendig hält. Das bekommen Hunderttausende
Österreicherinnen und Österreicher; erfreulicherweise sind es von Jahr zu Jahr
ein bisschen weniger, weil die Versicherungsverläufe positiver sind. (Bundesrätin Bachner: Das wird sich wieder steigern!) Es wird sich wieder
steigern; nach dieser Reform ins Unermessliche. Daher wird sie ja offenbar
abgeschafft.
Wir schaffen also
jetzt – offensichtlich – im Pensionsversicherungssystem eine
Mindestpension. Jene, die das verkündet haben, haben gleichzeitig den Kopf
schief gehalten und gesagt: Ja, aber womit wir das finanzieren, das wissen wir
leider noch nicht so ganz genau. – Das nüchterne Ergebnis ist: Die
Solidargemeinschaft der Altersversicherten übernimmt diese Last mit ihren
Beiträgen, die man entsprechend hinaufschrauben muss, aber im Budget wird
längerfristig diese Position ersatzlos gestrichen. – Ein nettes Etikett
über einer zynischen Maßnahme.
Dasselbe gilt für
die Krankenversicherungsbeiträge. Dort heißt das Etikett „Gerechtigkeit“. Die
Krankenversicherungsbeiträge der Arbeiter, die wegen der höheren Gefährdung in
der Berufsausübung seit Jahrzehnten höher waren, werden gesenkt, die
Krankenversicherungsbeiträge der Angestellten, die auf Grund eines geringeren
Risikos niedriger waren, werden angehoben. Aber inzwischen hat sich – und
darüber redet kein Mensch auf der Regierungsbank – die Berufsstruktur der
Versicherten völlig verschoben. (Bundeskanzler
Dr. Schüssel: Das hat aber
jeder akzeptiert!) Gut, gut, gut. – So nicht! Damit kommt ein
Körberlgeld in der Höhe von 374 Millionen € pro Jahr herein, und das
deckt allein das für heuer prognostizierte Defizit der
Krankenversicherungsträger ab. – Das ist ein nettes Etikett, eine
Mehrbelastung, und das – und damit komme ich zum dritten Eckpfeiler –
von einer Partei, die vor einem halben Jahr noch gesagt hat: Das ist der
Inbegriff sozialdemokratischer Ideenlosigkeit, dass Ihnen in der Krankenversicherung
nichts anderes einfällt als Beiträge zu erhöhen.
Das ist der dritte
Eckpfeiler Ihres Regierungsprogramms. Von Julius Raab wird der Satz überliefert:
Lug’ hin, Lug’ her, g’nutzt hat’s. – Ich weiß schon, Herr Bundeskanzler,
so grobe, aber auch ehrliche Worte kommen Ihnen nicht über die Lippen, aber der
Tatbestand wird hier politisch erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Frau
Ministerin hat sich mir leider entzogen. (Zwischenbemerkung
von Bundeskanzler Dr. Schüssel.) –
Ja, Lug’. Das ist nicht von mir, das ist ein Raab-Zitat. – Da hat also zum
Beispiel die damalige Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat mit Nachdruck
erklärt, eine unglückliche oder wahltaktisch unglückliche Äußerung des Herrn
Staatssekretärs Finz korrigierend, die ÖVP plane in der nächsten, also in
dieser, Gesetzgebungsperiode keine weitere Anhebung des Frühpensionsalters.
Genau diese Anhebung ist aber jetzt ein Kernstück des Regierungsprogramms –
eines, das sich auch bei Verhandlungen mit uns als unüberbrückbar erwiesen hat.
Herr Minister Bartenstein, der damit irgendwie in die Mediengeschichte eingehen wird, ist mit diesem Widerspruch in einem ORF-Interview konfrontiert worden. Nachdem er minutenlang versucht hat, von etwas anderem zu reden, hat er sich nach der vierten Nachfrage in den tief-
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