Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 24

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sinnigen und aussagekräftigen Satz geflüchtet: Das ist für Außenstehende sicher schwer zu verstehen.

Ja, das ist vor allem für die Betroffenen schwer zu verstehen, wenn man ihnen vor der Wahl sagt, das Frühpensionsalter bleibt vier Jahre lang unverändert, und dann bei der Neubildung der Regierung sagt: radikal, sofort, jetzt ohne Begleitmaßnahmen. Ich will das gar nicht mit einem ordnungsruffähigen Ausdruck belegen, aber klar ist, dass hier eine Grenze überschritten wurde, die in einem Land, wo das ein Minderheitenrecht ist, einen Untersuchungsausschuss über Wahlversprechen durchaus rechtfertigen würde. (Bundesrat Dr. Böhm: So wie in Deutsch­land gegen Schröder!) – Ich habe das bewusst gesagt, ja.

Die Außenstehenden geht das nichts an, auch wenn sie Betroffene sind. Hat sich da die ÖVP in einen Kanzlerbunker auf der „Wolfgang-Schanze“ zurückgezogen und kommuniziert nicht mehr mit der Realität unserer Gesellschaft? (Beifall bei der SPÖ.) Kommt jene Bunkermentalität zum Ausdruck, die Sie auch ... (Bundesrat Dr. Böhm: Ein höchst unpassender Vergleich!)


Präsident Herwig Hösele: Herr Professor! Ich bitte Sie – Sie sind mehrfach schon an der Grenze gewandelt – im Ton um Mäßigung. (Unmutsrufe bei der SPÖ.)


Bundesrat Albrecht Konecny (fortsetzend): Das Wesen einer Grenze ist, dass sie eine Grenze ist. Man kann sie verletzen. Das bemühe ich mich redlich, nicht zu tun. (Zwischen­bemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel. – Bundesrat Dr. Böhm: Das ist eine unverblümte Anspielung! – Bundesrat Dr. Nittmann: Herr Professor, das ist peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Präsident Herwig Hösele: Herr Professor, ich bitte Sie um Mäßigung.


Bundesrat Albrecht Konecny (fortsetzend): Gut, ich mäßige mich und komme noch einmal auf Frau Rauch-Kallat zurück. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Sie entschuldigen sich nicht dafür? Dann ziehen Sie ihn wenigstens zurück, diesen Vergleich!) Herr Bundeskanzler! Ich habe nicht die Absicht, Sie mit Adolf Hitler zu vergleichen, aus einer Fülle von Gründen, um das ganz klar zu sagen. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bei Ihnen ist das nicht so selbstverständlich! Bei einem permanenten Provokateur wie bei Ihnen ist das nicht selbstverständlich!) Was ich zum Aus­druck bringen wollte, ist, dass Sie den Kontakt mit der Realität dieses Landes verloren haben. Und wenn Sie Maßnahmen treffen, von denen einer Ihrer Minister sagt, das sei für Außenste­hende schwer verständlich, dann nehmen Sie eine abgeschottete Interpretationshoheit in An­spruch, die jede Diskussion unmöglich macht. Dagegen verwehren wir uns! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Nittmann: Unsinn! Ihre Rhetorik ist blanker Unsinn! Das ist ja unglaub­lich, was er da redet!)

Ich komme also zur Frau Ministerin Rauch-Kallat zurück, die den in der Regierungserklärung angekündigten Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bejubelt. Sie hat im vergangenen Sommer – da­mals natürlich noch als Generalsekretärin – die Forderung der SPÖ nach ebendieser Rege­lung als verantwortungslos gebrandmarkt. Heißt das also jetzt, dass diese Regierung verant­wor­tungslos ist oder war ihre Bemerkung von vor einem halben Jahr schlicht daneben?

Da gibt es Vizekanzler Haupt – ihn kann ich persönlich ansprechen –, der uns monatelang in seiner damaligen Eigenschaft – noch immer Eigenschaft, aber nur mehr kurze Zeit – als dafür zuständiger Minister erklärt hat, dass es bei den Ambulanzgebühren um keine Geldbeschaf­fungsaktion, sondern um einen Lenkungseffekt geht. Die Spitalsambulanzen seien zu teuer, die niedergelassenen Ärzte könnten dieselben Leistungen um weniger Geld erbringen.

All das haben Sie den Österreichern vor der Wahl gesagt. Nach der Wahl und nach Ihrem Wie­dereintritt in die Bundesregierung versuchen Sie als ersten Akt, diese unglückseligen Ambu­lanzgebühren – Lenkungseffekt hin, Lenkungseffekt her – wieder abzuschaffen. Das hat sich zwar die neue oder künftige Gesundheitsministerin nicht gefallen lassen, aber Sie erfinden gleich die neue Unterstellung dazu.

 


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