Aber man kann jede
Regierung, die gebildet wird, in schlechten und in positiven Punkten bewerten.
Ich möchte auch positive anführen: Ich bin sehr glücklich, dass wir keinen
Herrn Frauenminister mehr haben, dass es endlich wieder eine Frauenministerin
gibt und ein solches Ressort eingerichtet wurde. Dazu gratuliere ich.
Zweitens –
und das ist das Interessante –: In den tage- und nächtelangen
Verhandlungen mit den Grünen – diese Verhandlungen, meine Damen und
Herren, waren von dem Willen geprägt, dass tatsächlich eine solche Regierung zu
Stande kommt – sind Kompromisse erzielt worden. Es sind insgesamt
109 Seiten gemeinsames Regierungsprogramm in einem konsensualen Prozess
erarbeitet worden.
Es ist
interessant, das Regierungsprogramm zu lesen. Sehr viele Positionen, die
Schwarz und Grün erarbeitet, erkämpft und erstritten haben und bei denen man
gegenseitig nachgegeben hat, finden sich darin wieder. Für mich ist auch ganz
interessant, dass sogar Sätze in diesem schwarz-blauen Regierungsprogramm
enthalten sind, die wir selbst erkämpft haben, aber gut. (Bundesrat Dr. Böhm:
Dann werden Sie sie unterstützen!)
Lieber Herr
Klubobmann Konecny! (Bundesrat Dr. Böhm: So heiße ich nicht!) –
Entschuldigen Sie, ich habe jetzt nur die Stimme von vorne vernommen. (Ruf:
Realitätsverlust!)
Das zeigt auf der
anderen Seite, wie wenig offensichtlich der freiheitliche Koalitionspartner an
Themen eingebracht hat. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.) Dort,
wo er sie eingebracht hat, schmerzt es besonders, Herr Professor Böhm! Zum Beispiel
das Kapitel, das die ÖVP mit den Grünen im Bereich der Migration und
Integration verhandelt hat, war vom Inhalt her um 180 Grad anders als
jenes von ÖVP und FPÖ. Aber im Wesentlichen hat sich die FPÖ offensichtlich
der Gestaltung der Politik entschlagen. Das ist auch klar: Für die FPÖ ist
diese Regierungsbeteiligung quasi ein Strohhalm des Überlebens, und für den
Bundeskanzler war die FPÖ mit Sicherheit der billigere Koalitionspartner.
Meine Damen und
Herren! Das ändert aber nichts. Der Herr Bundeskanzler hat gesagt: Die Bevölkerung
ist durchaus bereit mitzugehen. Na gut, es bleibt ihr auch wenig übrig: Wenn
eine Regierung Maßnahmen beschließt, muss sie diese hinnehmen. – Herr
Bundeskanzler! Die Verhandlungen, die Sie zum Beispiel mit den Grünen geführt
haben, haben in der Bevölkerung, aber auch in Ihrer Partei Hoffnungen erweckt.
Und diese Hoffnungen sind in den Morgenstunden des damaligen Sonntags bitter
enttäuscht worden. Das zeigt sich auch darin, dass diese Regierung, so wie sie
jetzt gebildet ist, in den Umfragen, die gemacht wurden, auch in Ihren eigenen
Umfragen, keine Mehrheit mehr hat.
Warum? – Die
Bevölkerung hat am 24. November die FPÖ aus der Regierungsverantwortung
abgewählt. Das ist eine Tatsache. Wer von 27 Prozent auf 10 Prozent
fällt, der ist abgewählt. Eine solche Partei müsste eigentlich im Sinne des
Zeugnisses, das ihr die Bevölkerung ausstellt, sagen: Ich bin abgewählt. Ich
habe ... (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber.) –
Ich weiß, Herr Kollege, Sie setzen sich immer für die FPÖ ein. Früher
konnte man das noch verwechseln, aber jetzt haben Sie sich hinübergesetzt (allgemeine
Heiterkeit), aber irgendwie sind Sie hier immer der ehrenamtliche Sprecher
der FPÖ. Das müssten Sie einmal innerhalb der Fraktion besprechen.
Es könnte sein,
dass Sie darüber sehr traurig waren. Es könnte sein, dass Sie sehr traurig
waren, dass die FPÖ so viel verloren hat. Aber ich glaube, der Bundeskanzler
ist dies nicht, denn die Handschrift des Regierungsprogrammes ist die
Handschrift der ÖVP.
Politische
Verantwortung wahrnehmen heißt, dass ich, wenn ich einen Denkzettel von der Bevölkerung
bekomme, diesen Denkzettel ernst nehme, und das heißt nicht, dass ich den Ruhepolster
in der Regierung suche. Insofern, Herr Bundeskanzler, habe ich auch nicht die
Sorge, dass diese Regierung pragmatisiert wird, wie Sie zum Ausdruck brachten.
Die nächsten Wahlen – ich nehme an, es werden wieder vorzeitige Wahlen
sein, das signalisiert das Stimmungstief, das hier existiert –, vor allem
die nächsten Landtagswahlen werden dies beweisen. Die nächsten Landtagswahlen
werden Ihren Koalitionspartner nicht sicherer machen.
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