Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 32

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Kollege Bieringer hat gemeint, die Grünen seien über ihre Landesgruppe Wien gestolpert. (Bun­desrat Dr. Böhm: Das ist ein Faktum!) Ich komme aus dieser Landesgruppe Wien, Frau Gla­wischnig war Spitzenkandidatin der Landesgruppe Wien und Herr Van der Bellen ebenso. Wir alle haben mit großen Anstrengungen versucht, eine solche Regierungsbildung zu Stande zu bringen. (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Dr. Schüssel.)

Aber, Herr Bundeskanzler, sind wir beide ehrlich: Sowohl die ÖVP als auch die Grünen waren auf die neue mathematische Rechnung, 27 plus 7 ist 52, nicht vorbereitet. Beide Parteien waren in ihren inneren Zusammenhängen darauf nicht vorbereitet, und es bedurfte eines längeren Prozesses, in Optionen zu denken, die vorher die normale Mathematik gar nicht zugelassen hat.

Meine Damen und Herren! Wir haben Schüssel II, und ich sage und habe das auch öffentlich immer wieder gesagt: Mir ist aus Respekt vor der Verfassung eine kleine Koalition lieber als eine große Koalition. Mir ist eine kleine Koalition, die mit der Opposition um Verfassungsmehr­heiten ringen muss, lieber, denn sie entspricht mehr dem Grundgedanken und dem Geiste der Bundesverfassung als eine Regierungsform, die eine Zweidrittelmehrheit hat. Das fördert die Demokratie im Lande, und insofern bin ich froh, dass es zu keiner großen Koalition gekommen ist.

Trotzdem ist Kritik an dieser Regierung angesichts der Belastungen, angesichts ihrer Interpreta­tion von Sicherheitspolitik notwendig. – Herr Kollege Konecny! Sozusagen als Kollege von Opposition zu Opposition würde ich Sie um eines ersuchen: Man kann in einer parlamentari­schen Versammlung nicht etwas aus dem Protokoll streichen lassen, aber ich würde Sie, damit die Kritik der Opposition auch gehört wird, ersuchen, den Ausdruck „Wolfgang-Schanze“ auch formell und formal zurückzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich danke zwar für den Applaus, aber das ist persönlich gemeint unter Kollegen der Opposition, dass nicht jeder Vergleich das erhärtet, was man sagen will. Und mancher Vergleich ist, so glaube ich, wirklich unpassend.

Kommen wir zu dem Programm im Einzelnen: Von acht Seiten Umwelt, die wir zwischen Schwarz und Grün bereits verhandelt haben, sind drei Seiten übrig geblieben. Aus einer auf­kommensneutralen Ökosteuerreform ist plötzlich eine Benzinpreiserhöhung im Ausmaß von 400 Millionen geworden. Die ein oder zwei Cent, Herr Bundeskanzler, müssen Sie in der Ge­samtrechnung darstellen. Das ist eine Belastung in der Höhe von 400 Millionen €, das soll man dazusagen. Ein Cent, zwei Cent klingen irgendwie putzig, aber in Wirklichkeit sind es 400 Mil­lionen €.

Unser Weg war immer, wenn man am Benzinpreis „dreht“, dann muss es letztlich im Rahmen einer aufkommensneutralen Ökosteuerreform sein.

Zweitens: der Tourismus. Mit viel Pomp wurde im Jahr 2000 ein Tourismus-Staatssekretariat eingerichtet. Schauen Sie einmal im Regierungsprogramm nach, was vom Tourismus geblieben ist! Er ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftsbereiche, und übrig geblieben ist eine absolute Minimalstformulierung. Als jemand, der auch Tiroler Wurzeln hat und um die Bedeutung des Tourismus weiß, schmerzt mich das ganz besonders.

Drittens: der Klimaschutz. Der Bundeskanzler hat es heute in seiner Rede besonders hervorge­hoben, und ich bin froh, dass er es getan hat; vielleicht war es ein Ausfluss unserer gemein­samen Verhandlungen, dass erstmals die Ökosteuerreform in ein Regierungsprogramm einge­flossen ist. Aber auch der Klimaschutz ist enthalten. Was wurde gestrichen? – Dass der Bund eine Vorbildwirkung haben soll, das findet man nicht mehr. Oder dass öffentliche Förderungen und Subventionen auf ihre Klimaverträglichkeit und Nachhaltigkeit hin überprüft werden, das ist auch nicht mehr enthalten. Auch das langfristige Ziel, aus der Nutzung der Kernenergie in Europa auszusteigen, ist nicht mehr da. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das steht drinnen!) – Ich werde gleich nachschauen, und dann werde ich mich, wenn es notwendig ist, korrigieren.

 


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