Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 39

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Was soll ferner an einer Lösung schlecht sein, die in Bezug auf das – vom international aner­kannten Professor Ermacora ehedem als Genozid eingestufte – Unrecht der Vertreibung der alt­österreichischen „Volksdeutschen“ eine Klarstellung bringt, die dem modernen Menschen­rechtsverständnis und den gemeinsamen europäischen Werten entspricht? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ebenso wenig Probleme habe ich mit der Zielsetzung, an der Weiterentwicklung einer gemein­samen europäischen Verteidigungspolitik aktiv mitzuwirken. Dazu hat sich Österreich inzwi­schen längst völkerrechtlich und gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, und es hat die dazu nötigen Änderungen des Verfassungsrechtes beschlossen – und das bereits unter einer Bun­desregierung unter sozialdemokratischer Führung.

Das dann jetzt – es ist heute im Bundesrat nicht geschehen, anders als im Nationalrat – als Gefährdung der österreichischen Neutralität hinzustellen, wäre geradezu doppelbödig! Deshalb kann eben auch die Begründung für die Ablehnung des Ankaufs von Abfangjägern nicht ernst genommen werden. Hält man einerseits an der Wahrung der Neutralität fest, wiewohl von ihr höchstens noch ein Restbestand vorhanden ist, so kann man es andererseits nicht für über­flüssig erklären, den Luftraum zu überwachen und gegen Neutralitätsverletzungen abzusichern.

Da somit den internationalen Verpflichtungen immer größere Bedeutung innerhalb der Aufga­ben des Bundesheeres zukommt, bedarf es für die entsprechenden Einsätze einer zunehmen­den Erhöhung des Professionalisierungsgrades und einer grundlegenden Heeresreform. Das würde mit der Reduktion der im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht benötigten Zahl der Präsenzdiener zugleich auch eine Verkürzung des Wehrdienstes ermöglichen – das wenigstens dann, wenn und sobald die Sicherung der Schengen-Außengrenzen von einer dem Polizeikorps zugehörigen Grenzschutzwache übernommen werden könnte.

Dringend geboten erscheint mir die Modernisierung der Ausrüstung und der Gerätschaften des Bundesheeres zum bestmöglichen Schutz für Leben und Gesundheit der Soldaten, aber auch für die Sicherheit der Bevölkerung. Das unter dem Prätext von Einsparungen abzulehnen, wäre meines Erachtens ein verfehlter Ansatz selbst einer durchdachten, vorsichtigen Finanzpolitik.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Was ist das Resümee meiner zugegeben knapp gehaltenen Tour d’horizon durch das uns heute vorgelegte, breite Programm der neuen Bundesregierung? – Ich denke, dass es ein äußerst ambitioniertes Programm ist. Es wird durchaus auch unpopuläre Maßnahmen nötig machen, ist aber auf höchst zukunftsfähige Zielvorstellungen ausgerichtet. In diesem Sinne wünsche ich der neuen Bundesregierung für die Erfüllung ihrer schwierigen, verantwortungsvollen Aufgaben im Interesse unseres Landes viel Glück und Erfolg. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.42


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte.

11.42


Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Vizekanzler Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Es konnte nicht überraschen, dass in dieser Debatte die bei­den Vertreter der Oppositionsparteien kein gutes Haar an der Regierungsbildung gelassen haben. Aber ich konnte wenigstens einen erfreulichen Unterschied zwischen Kollegen Schennach und dem Erstredner der sozialdemokratischen Fraktion feststellen. Herr Kollege Schennach! Ihre Diktion und Ihre Ausführungen waren durchaus auf hohem Niveau, und Sie haben auch von Verunglimpfungen der Regierung Abstand genommen, was ich für das Klima der Demokratie in Österreich als erfreulich betrachte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Zweiten hat der Vertreter der Grünen Fraktion zu jenen Punkten, die auch aus Sicht seiner Fraktion durchaus positiv sind, seinen Beitrag und seine Meinung eingebracht. Es ist wenig überraschend, dass der Erstredner der sozialdemokratischen Fraktion in Zukunft offensichtlich mehr auf Fundamentalopposition zu setzen scheint. Immerhin ist es erfreulich, dass auch Ale-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite