Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 46

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

listischen Staat sozialistischer Prägung gäbe es diese Meinungsvielfalt nicht. Ich werde dafür kämpfen als Angehöriger einer Partei, die sich dem Föderalismus verschrieben hat, dass das Subsidiaritätsprinzip und der Föderalismus beim Konvent im Hohen Hause nicht unter die Räder kommen, sehr geehrter Herr Bundesrat! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Sie sich in der letzten Regierungssitzung die Einsetzung der gemischten Kommission für Friaul–Julisch Venetien, Kärnten und Slowenien sowie Österreich auf der anderen Seite anse­hen, so ist es meiner Ansicht nach sehr gut, dass unsere Bundesländer nach ihrer Fasson und nach der Fasson ihrer Bürger die nachbarschaftlichen Beziehungen pflegen, entwickeln und weiter ausbauen. Auf diesem behutsamen Weg des gemeinsamen Dialogs über die Gräben der Vergangenheit hinweg geschieht mehr, als wenn uns von Brüssel oder Holland aus Zwangs­regionen vorgeschrieben werden, die von den Menschen nicht gelebt und im Kopf der Men­schen nicht umgesetzt werden. Ich setze daher auf den behutsameren Weg des gewachsenen Föderalismus im neuen Europa und nicht auf den gewaltsamen Weg des Europas der Zentra­listen: dass man von oben her Europaregionen verordnet, die dann von den Menschen wieder nicht gewollt werden.

Ich halte es daher auch für wichtig, dass im ersten Teil – zur Außenpolitik – die Altösterreicher jenseits der österreichischen Staatsgrenzen klar als Bindeglied und als Brückenkopf des gemeinsamen Europas betrachtet werden, nicht jedoch als Gegensatz und als trennendes Ele­ment der Vergangenheit. Ich gebe es offen zu, selbstverständlich war ich in einem Spannungs­feld: in der Position vor der Wahl zu verharren oder aus der Regierungsverantwortung dieses Miteinander in Europa mitzugestalten, unter Einbeziehung der Altösterreicher, ob sie jetzt in Südtirol, in Tschechien, in Ungarn oder in den zukünftigen Mitgliedstaaten Rumänien, Bulgarien und der Ukraine leben.

Ich denke, dass diese Position verantwortlich ist. Sie ist keine leichte Position und wird oftmals auch öffentlich von Ihnen und anderen falsch dargestellt, sie ist aber eine, die konsequent das fortschreibt, was uns immer am Herzen gelegen ist, nämlich die Altösterreicher als Bindeglied für das neue Europa zu betrachten, nicht als trennendes Element. Wir wollen es nicht so machen wie die Bundes­republik Deutschland, die die alten Minderheiten in das Gebiet Deutsch­lands zurückführt, son­dern im Gegenteil wir wollen die Minderheiten an ihrem Standort blühend, lebensfähig und zukunftsträch­tig gestalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Hier unterscheiden wir uns, und es ist gut so, dass es in einer Demokratie auch die Möglichkeit der Unterscheidung gibt.

Wir unterscheiden uns auch bei der Einwanderungspolitik. Wir sind der Meinung, dass der größte Anteil daran, ein demokratisches Europa auch auf dem Balkan zu schaffen, darin beste­hen wird, dort einen Mittelstand aufzubauen. Nur wenn breite Schichten der Bevölkerung etwas haben – Haus, Vermögen, Einkommen, Anteil am sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben –, sind sie für Diktaturen von links und rechts nicht anfällig.

Daher kann es nicht sein, dass man mit Wirtschaftsflüchtlingen das Know-how und die Speziali­sierung von diesen Ländern abzieht, statt das Gegenteil zu tun, nämlich eine Stärkung und Förderung dadurch zu erreichen, dass solche Eliten in ihren Ländern bleiben und dort ihre Wirt­schaft aufbauen, zum Blühen bringen und verstärken. Das haben wir auch in das Kapitel Asyl geschrieben. Es ist für uns nie eine Frage gewesen, dass Konventionsflüchtlinge in Österreich ihren Platz, ihren Hort, ihre neue Heimat und ihren Schutz genießen müssen. Aber es ist für uns auch unübersehbar, dass es nicht die österreichische Aufgabe sein kann, aus den Nachbar­ländern qualifizierte Arbeitskräfte abzuziehen, damit diese Länder ewig um eine Demokratisie­rung fürchten müssen und dort ewig die altkommunistischen Parteien das Sagen haben, weil sie mit Recht darauf hinweisen können, dass sich das soziale Gefüge in ihren Staaten nicht erholt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube daher, dass auch für die neue Entwicklung unsere Position besser ist als jene der Sozialdemokratie. Ich entnehme auch den Kontakten, die ich als Sozialminister im Bereich Ge­sundheit und Soziales mit den Oststaaten gehabt habe – wo wir in der Harmonisierung der Sozial- und Gesundheitssysteme schon heute sehr viel weitergebracht haben –, dass ich in den


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite