Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 53

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Tendenz waren seine Ausführungen letztklassig, in der Rhetorik geschliffen ölig, als ob er mit der Babynahrung eine verquere Moral aufgenommen hätte. – Das ist meine Meinung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

Zur Regierungserklärung möchte ich gewissermaßen in der Reihenfolge Stellung nehmen, wie sie uns vorliegt.

Es ist nicht erstaunlich, dass das Thema Irak auch in der Regierungserklärung seinen Raum einnimmt. Den Entschließungsantrag, den Kollege Hans Ager vorgelegt hat, werde ich aus fol­gendem Grund nicht mit unterzeichnen. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Krise! Wieder Krise! – Bundesrätin Schicker: Die Stabilität der Regierung ist gefährdet, Herr Gude­nus!)

In dem Antrag heißt es Bezug nehmend auf einen Text des Europäischen Rates vom 17. Feb­ruar: „Zur Lösung dieser Probleme ist die Einheit der internationalen Gemeinschaft von wesent­licher Bedeutung.“ – Jetzt kommt der Satz, den ich nicht nachvollziehen mag; es könnte sein, dass es überhaupt ein redaktioneller Fehler ist, dass dieser Satz so aufgenommen wurde. – „Wir sind entschlossen, mit allen unseren Partnern, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, zusammenzuarbeiten, ...“

Es muss doch heißen: Wir sind entschlossen, mit allen unseren Partnern, insbesondere mit den Ländern in dieser Region, zusammenzuarbeiten. Mit den Vereinigten Staaten haben wir nicht zusammenzuarbeiten, bei denen haben wir nur Angst, dass sie einen Krieg beginnen und mit der modernsten Bombe, die jener damals in Hiroshima gleichkommt – sie hat nur keine Strah­lungen –, diese ganze Gegend beunruhigen und destabilisieren. – Solch einen Antrag kann und werde ich nicht unterschreiben. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schicker: Ich applaudiere für Ihren Mut!)

Man geht natürlich davon aus, dass der Irak die eine oder andere Resolution der UNO nicht befolgt hat. Dazu kann man statistisch sagen: 91 UNO-Resolutionen wurden nicht befolgt; 59 durch Verbündete der Vereinigten Staaten wie etwa Israel: 32 oder Türkei: 24; Marokko, das nicht zu den Verbündeten gehört, aber auch nicht zu den Gegnern: 16. Man kann also das Thema des Vorderen Orients nicht nur an der Situation im Irak aufbauen oder behandeln, son­dern wir müssen auch die Ungerechtigkeit Israels gegenüber Palästina betrachten.

Ich meine, es wäre gut, der Meinung des Herausgebers der Academia – immerhin eine Ver­bindung, die dem Herrn Bundeskanzler sehr nahe stehen kann – zu folgen. Er hat, veröffentlicht in der gestrigen Ausgabe der „Presse“, einen Leserbrief, eine „Meinung zum Tag“, formuliert, in dem es zum Schluss wie folgt heißt:

„Österreich jedoch sollte diesen provokanten Dauerzustand nicht länger hinnehmen und Israel vor die Entscheidung stellen, entweder seine diplomatische Vertretung in Österreich wieder auf Botschafterrang anzuheben, oder zu akzeptieren, dass Österreich seinerseits die Vertretung in Tel Aviv entsprechend hinunterstuft.“

Eine der beiden Lösungen müsste in der nächsten Zeit stattfinden. Sich diese Art und Weise der Behandlung seitens Israels seit zwei, schon bald drei Jahren gefallen lassen zu müssen, ist unserer Republik unwürdig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jawohl, wir sind für eine aktive Europa-Politik, aber, Herr Bundeskanzler, das heißt natürlich nicht ohne Wenn und Aber! Auch der Herr Vizekanzler hat schon darauf hingewiesen, dass uns die Anliegen im Zusammenhang mit Beneš-Dekreten, Vertriebenen, Temelin besondere sind und dass wir diese auch in dieser Bundesregierung positiv in unserem Sinne gelöst haben wollen.

Es mag natürlich sein, dass der eine oder andere meint: Wenn man in einer Koalition ist, muss man die gleichen Meinungen vertreten wie der Koalitionspartner. – Verehrte Anwesende! Wir sind nicht der vierte Bund der ÖVP. Die ÖVP hat drei Bünde (Rufe bei der ÖVP: Mehr! – Bun­desrätin Schicker: Sechs!), sogar sechs Bünde, da braucht sie uns als siebenten Bund nicht


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