Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 54

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dazu. (Bundesrat Manfred Gruber: Sie haben die Funktion des Beiwagerls!) Wir werden unsere Politik gemeinsam mit der ÖVP bestimmen – aber mit einzelnen Akzenten, die wir anders setzen dürfen.

Ich halte es für sehr wichtig, besonders auf die Vertriebenen und die Beneš-Dekrete hinzuwei­sen. Wenn der Standard in der Europäischen Union gleich hoch bleiben soll wie bisher, dann muss auch das berücksichtigt werden. Es geht nicht an, dass einzelne Länder noch immer von der Vertreibung profitieren und Österreich – auch Deutschland – die Geschichte wirklich, auch materiell, soweit das überhaupt möglich ist, aufgearbeitet und abgearbeitet hat – das heißt, der österreichische Steuerzahler hat es getan.

Eine aktive Europa-Politik ist daher ein Herzstück dieser Regierung. Das ist voll zu bejahen, aber aktiv heißt natürlich nicht, zu allem Ja und Amen zu sagen, was aus Brüssel kommt. So meine ich, dass wir gut beraten sind, unsere Sicherheit auch selbst in dieser Republik wahrzu­nehmen.

In einer Zeitung vom 5. März steht: In Wien passieren in 17 Stunden 9 Raubüberfälle. Ist da nicht irgendwo Gefahr in Verzug? Müssen wir nicht handeln, um auch innenpolitisch unsere Sicherheit in den Griff zu bekommen? – Es ist zu wenig, wenn der Herr Bundeskanzler von Flugzeugen zur Luftpolizei spricht. Ich bin Ihrer Meinung, Herr Bundeskanzler, wir brauchen eine Luftpolizei, aber – und ich glaube, darüber werden wir noch eine Zeitlang diskutieren müssen; das heißt nicht, dass Sie mit mir darüber diskutieren, aber ich nehme die Möglichkeit wahr, hier darüber zu sprechen – müssen wir das teuerste Modell der Nullserie anschaffen? Müssen wir für die Luftpolizei ein Kampfflugzeug, eine Kampfmaschine, wie die Sozialdemokra­ten richtig sagen, beschaffen? (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Der ist heute in der falschen Partei!)

Tut es nicht eine gebrauchte Maschine F 16 oder der Gripen? Reicht es nicht – wenn wir in die Zukunft schauen wollen –, sich Heimatverteidigungsabfangjäger, wie sie in den Vereinigten Staaten, aber auch von EADS entworfen worden sind und auch schon aus der Fabrikshalle rollen, zuzulegen, die ein Zehntel vom Eurofighter kosten? Angesichts der finanziellen Situation dieser Republik halte ich es nicht für vertretbar, sich die teuerste Maschine auf dem Markt zu besorgen. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Für mich ist das jetzt nicht der Applaus auf der falschen Seite, für mich ist das der Applaus jener, die sich ebenso wie jene, die nicht applaudiert haben, Gedanken machen über die teuerste Anschaffung der Republik – auch jene, die nicht applaudiert haben! Ich bin froh, dass Sie mir zuhören und mir innerlich vielleicht sogar Recht geben. Wenn ich das eine oder andere Auge so betrachte, habe ich den Eindruck, durchaus ein bisschen Verständnis zu finden, auch bei Freunden in der ÖVP.

In Anwesenheit meines hoch verehrten neuen Bundesministers muss man in Bezug auf die Sicherheit im Bundesheer schon die Frage stellen: Ist das Bundesheer als Heer überhaupt noch jene Formation, die wir vor 20 Jahren gedacht haben? Ist das österreichische Bundesheer in den letzten Jahren nicht zu einer verlängerten Gendarmerie oder Polizei heruntergestuft wor­den? Sollte man sich nicht überlegen, ein Staatssekretariat für Landesverteidigung, nein, viel­leicht sogar ein Sicherheitsministerium zu schaffen, in dem die Polizei, das Bundesheer und die Gendarmerie gemeinsam jenen Aufgaben nachgehen, die ein moderner Staat in einem moder­nen Europa zu erfüllen hat? – Ich zweifle nicht daran, dass das sein kann. Es muss möglich sein, diese drei Einheiten zusammenzufassen. Auch in Deutschland überlegt man sich solche Vorgangsweisen, nämlich das Verteidigungsministerium sehr stark mit der inneren Sicherheit zu verquicken.

Eine Bitte habe ich an den Herrn Bundesminister: Wir haben Wehrpflichtige, die derzeit mit einem Taggeld in der Höhe von 100 S, rund 7,50 €, auskommen müssen. – Herr Bundesminis­ter! Für 7,50 € nimmt nicht der billigste Fremdarbeiter, der hier illegal im Land arbeiten sollte – den gibt es natürlich nicht! –, ein Werkzeug in die Hand. (Bundesrat Gasteiger: Jetzt hast du die Kurve gut gekratzt!) Ich rege daher an, das Taggeld auf mindestens 15 € anzuheben. Es


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