Wenn wir in
Österreich zu unseren acht Millionen Einwohnern zwei Millionen dazu bekommen
hätten, die wirtschaftlich darnieder gelegen wären, und wenn wir sie in unser
Sozialsystem integrieren hätten müssen, dann, so muss man zugeben, hätten wir
damit enorme Schwierigkeiten
gehabt, wahrscheinlich größere Schwierigkeiten als Deutschland. In Deutschland
wird das versucht, das muss man auch einmal offen sagen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Kein Land in
Europa hätte das geschafft, außer Deutschland, 20 Millionen Menschen zu
übernehmen, die aus einem Staat kommen, der wirtschaftlich ruiniert ist, der
sozialpolitisch ruiniert ist, und diese 20 Millionen Bürger in das
westdeutsche System zu integrieren. Das muss man in diesem Zusammenhang auch
einmal sagen, wenn man über die Grenzen schaut und die österreichische Seele
sozusagen ein bisschen streichelt, so nach dem Motto: Immer waren wir hinter
Deutschland, und jetzt geht es uns scheinbar etwas besser.
Meine Damen und
Herren! Zum Herrn Vizekanzler möchte ich nur sagen, wir werden uns in der SPÖ
überlegen, ob es irgendwo einen Preis gibt für schön und lang Reden. Sollten
wir einen solchen Preis irgendwo finden, dann werden wir ihn gerne
übergeben – und das natürlich „in aller Klarheit“. Da der Herr Vizekanzler
so gern den Ausdruck „in aller Klarheit“ verwendet und hier von diesem Platz
aus betont hat, der Zugang zur Gesundheit sei unter seiner Führung wesentlich
besser geworden, möchte ich dem Herrn Vizekanzler nur ein paar Sachen in Erinnerung
rufen.
Wie gesagt, es ist
schade, dass er nicht da ist. Die Ambulanzgebühr sollte jetzt abgeschafft
werden, aber jetzt wird sie doch wieder nicht abgeschafft. Mittlerweile ist man
draufgekommen, dass man 270 oder 280 Leute eingestellt hat, die sich mit
dieser Ambulanzgebühr herumschlagen. Und wenn man diese jetzt abschafft,
stellt sich die Frage: Was tut man mit diesen 280 Personen? – Diese
muss man weiter beschäftigen. Also lassen wir es noch ein bissel, okay.
Die Erhöhung des
Selbstbehaltes im Spital um 43 Prozent ist auch eine Leistung des Herrn
Vizekanzlers und der vergangenen Bundesregierung. Die Erhöhung der Rezeptgebühr
um 22 Prozent, Herr Kollege Saller, ist für die Pensionisten und die
Rentner sicher kein Spaß; ausgenommen für jene, die davon befreit sind.
Oder: die Kürzung
des Krankengeldes für Schwerstkranke von 78 auf 52 Wochen; die Streichung
der Zuschüsse für Heilbehelfe und Hilfsmittel; ein 20-prozentiger Selbstbehalt
für Leistungen bei klinisch-psychologischer Diagnostik. – Wenn das der „freie Zugang“ zur Gesundheitspolitik
ist, dann muss ich sagen, ich kann mir etwas Besseres vorstellen. Das deckt
sich sicher nicht mit meinen Überlegungen. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Herr
Vizekanzler ist nicht da, dabei wollte ich ihn noch etwas fragen: Es hat das
Gerücht gegeben, der Herr Vizekanzler hätte gerne auf alle Kompetenzen
verzichtet – einige hat man ihm ja weggenommen –, weil er beide Hände
frei haben wollte, um die FPÖ zusammenzuhalten. (Heiterkeit bei der SPÖ.) –
Aber etwas wird er doch tun müssen, nur Vizekanzler spielen, das wird zu wenig
sein.
Herrn Kollegen
Gudenus – er ist jetzt leider auch nicht hier – gebe ich völlig
Recht. Die FPÖ ist nicht der
vierte Bund der ÖVP, sondern mittlerweile zu einem „Beiwagerl“ verkommen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Faktum ist, dass dieses Regierungsexperiment Schüssel I von den
Österreicherinnen und Österreichern als gescheitert betrachtet wird. Was davon
übrig blieb – ich habe es schon betont –, ist ein wirtschaftlicher
und sozialer Scherbenhaufen; das wurde heute auch schon erwähnt. Auch wenn der
Herr Vizekanzler vorhin versucht hat, es zu beschönigen, Faktum ist: Es gibt
eine Rekordarbeitslosigkeit in diesem Land, und es gibt die höchsten Steuern in
der Geschichte der Zweiten Republik.
Der Herr
Vizekanzler hat vorhin auch zum Thema Deutschland eine Wortspende abgegeben.
Aber man sollte eines nicht vergessen: In Deutschland beträgt die Steuerquote
41 Prozent, und in Österreich beträgt sie 46 Prozent. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite