Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 63

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nicht nur im Inland sucht (Ruf bei der ÖVP: Einen amerikanischen Berater hat er gehabt!), sondern auch im Ausland. (Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege! Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Einzelauftrag des „Sparmeisters der Nation“ – das ist, wie Sie alle wissen, der Herr Finanzminister, der immer bei den anderen spart und den Gürtel enger schnallt, aber bei sich selbst nicht – in der Höhe von 59 Millionen Schilling! Das müssen Sie sich, bitte, einmal auf der Zunge zergehen lassen! Der Herr Finanz­minister, der uns von früh bis spät predigt, dass überall gespart werden muss, dass überall der Gürtel enger geschnallt werden muss, gibt in einem Einzelauftrag für eine Beraterfirma 59 Mil­lionen Schilling aus! (Bundesrat Gasteiger: Wahnsinn! Wahnsinn!) Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen, und erklären Sie das einmal den Mindestrentnern und den Pensionis­ten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Sulzberger: So wie bei der Post!)

Meine Damen und Herren! Aber nicht nur der Herr Finanzminister, sondern alle Ministerien zusammen haben in der Zeit vom 4. Februar 2000 bis zu den Wahlen 287 Millionen Schilling an Werbungskosten für Inserate ausgegeben. Herr Vizekanzler! Wenn ich Sie so anschaue, dann muss ich sagen: In den letzten drei Wochen vor der Nationalratswahl habe ich das Gefühl ge­habt, das Sozialministerium führt einen Wahlkampf für die Nationalratswahl – und nicht die FPÖ. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der SPÖ und Heiterkeit bei Bundes­räten der SPÖ. – Staatssekretär Mag. Schweitzer: So viel hat Klima allein gehabt!)

Wenn den Menschen in einer Werbekampagne – damit sie es endlich begreifen – von einer Zu­kunft ohne Schulden erzählt wird, aber die Schulden nicht weniger werden, dann weiß ich nicht, wie man das deuten soll. (Ruf bei der ÖVP: Es ist ja weniger geworden!) Ich finde, man kann den Leuten in Österreich viel einreden, aber so dumm sind sie nicht, dass sie nicht kapieren, dass sich diesbezüglich nichts geändert hat.

Meine Damen und Herren! Jetzt komme ich noch einmal auf unseren Herrn Finanzminister zu sprechen: Das, was meiner Meinung nach der Gipfel der Verschwendungspolitik des Herrn Finanzministers war, war ein Inserat in der „Financial Times“ vom 30. November 2001 mit einem Foto des Ministers – geschmückte Persönlichkeitswerbung, die dem Steuerzahler in Österreich 812 000 S, oder 59 000 €, gekostet hat! – Da muss ich in Bezug auf diesen Finanz­minister, der immer zum Sparen und zum Umdenken aufruft, schon sagen: Ein „toller Bursche“! – Er sieht ja auch gut aus, er ist der Liebling aller (Ruf bei der ÖVP: Schwieger­mütter!) Frauen, die Töchter zum Verheiraten haben (Bundesrat Sulzberger: Auch der sozialis­tischen!); aber auch das muss einmal gesagt werden.

Meine Damen und Herren! Besonders betroffen macht mich als langjährigen Kommunalpoliti­ker – das bin ich nunmehr immerhin seit 24 Jahren – allerdings, dass in dieser Regierungserklä­rung und auch im Regierungsprogramm den Gemeinden Österreichs nicht der Stellenwert zu­kommt, den sie sich eigentlich verdient haben. Gerade für den ländlichen Raum waren die letzten zwei Jahre dieser Regierung besonders schlimm, denn mit einer noch nie da gewesenen Schließungswelle wurden viele ländliche Regionen ausgedünnt – man kann auch sagen: kaputt gespart. 648 Postämter wurden zugesperrt, Herr Kollege (Bundesrat Sulzberger: Ja, weiß ich ...!), 70 Bezirksgerichte geschlossen, 119 Gendarmerieposten zugesperrt, und 1 700 Plan­stellen sind im Innenministerium verschwunden.

Mit dieser Politik der letzten Jahre und mit Ihrer zukünftigen Politik nehmen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dem ländlichen Raum jede Zukunftschance. (Zwi­schenruf des Bundesrates Ing. Franz Gruber.) Kein Wort steht in der Regierungserklärung über die Absicherung der Gemeindeautonomie oder gar über eine Stärkung der finanziellen Situation der Gemeinden. – Herr Bürgermeister Bieringer hat da keine Probleme, er hat eine Gemeinde im Speckgürtel rund um Salzburg, aber anderen Gemeinden geht es nicht so gut. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: „Speckgürtel“? – Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.)

In den vergangenen Jahren – das muss man sich auch auf der Zunge zergehen lassen – sind 500 Millionen € von den Gemeinden zum Bund gewandert. Diese schleichende Aushöhlung der


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