Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 71

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der Entlohnung eine reine Addition und somit eine Summe von Stunden und Werteinheiten ist? Ist es nicht auch so, dass Schule mehr ist als nur dieses?

Fragen wir uns doch ernsthaft: Was bedeutet es, fächerverbindend zu unterrichten? Oder: Was be­deutet es, fächerübergreifend zu unterrichten? Oder – wie es heute schon angesprochen wor­den ist –: Was bedeutet exemplarisches Lernen? – Hierin liegt wesentliche Zeit, und hierin liegt die Möglichkeit einer Reduktion von Zeit.

Fragen wir uns auch: Wie schauen unsere staatlichen Bildungsziele aus? Sind wir aus den Län­dern mutig genug, Möglichkeiten zu suchen, wie wir wirklich auch vor Ort regionale Leitbilder in enger Vernetzung mit bereits bestehenden Bildungseinrichtungen entwickeln können? Oder wol­len wir bei jedem Studienlehrgang eine neue Bildungseinrichtung schaffen? Wie wäre es, an Hoch­schulen für pädagogische Berufe in einem Hochschulverbund oder Hochschulenverbund zu denken? – Wir brauchen eine Politik, die Freude am Gestalten hat!

Das sollten wir hier auch ausstrahlen, nämlich eine Politik, die in die Zukunft blickt; nicht bloß eine moderierende und analysierende Politik, sondern eine, die es sich zutraut, neu zu denken und neu zu agieren, die es sich zutraut, mit Sozialpartnern, Ländern, Gemeinden und möglichst vie­len Bürgerinnen und Bürgern – und für eine etwas andere Zukunftsgestaltung wären wir hier wesentlich zuständig – eine Reform für Österreich zu initiieren. Nicht umsonst – so hoffe ich – ist gerade vom Bundesrat die Initialzündung für den Österreich-Konvent ausgegangen. Worauf wir dabei aber immer Wert legen müssen, ist, nicht nur die Gegenwart zu berechnen, sondern be­sonders mit der Zukunft zu rechnen. Und auf diese setze ich! (Beifall bei der ÖVP.)

14.11


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich ertei­le ihr dieses.

14.11


Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staats­se­­kre­tärin und ehemalige Bundesratskollegin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen und Monaten vor dieser Regierungs­bildung haben wir immer wieder gehört: Wir brauchen eine stabile Regierung – Worte, die wir vor allem aus dem Munde von ÖVP-Regierungsmitgliedern und in erster Linie natürlich auch vom Herrn Bundeskanzler gehört haben. Heute, nicht einmal zwei Wochen nach dieser Re­gierungsbildung, wissen wir bereits, was „stabil“ für die nächste Zeit bedeuten wird: Stabil heißt, dass – und ich sage das wirklich überspitzt, aber ich stehe dazu – die eine Hand nicht weiß, was die andere tut, beziehungsweise bekommen wir das über das Fernsehen so vermittelt.

Ohne Wenn und Aber hat uns der Herr Finanzminister wissen lassen, dass die Österreicherin­nen und Österreicher vor den Wahlen, nach den Wahlen und bis nach den Regierungsverhand­lun­gen hinters Licht geführt wurden, denn die Steuerreform sei nicht fix. Sie müsse, wie es so schön formuliert wurde, erst erarbeitet werden.

Der Herr Bundeskanzler hat heute mehrmals gesagt, diese Auseinandersetzung sei nur virtuell hochgespielt worden. Wir haben sehr wohl recherchiert, was die einzelnen Regierungsmit­glie­der und was der Herr Bundeskanzler gesagt haben und welche Differenzen und Diskre­panzen dabei herausgekommen sind.

Was heißt: Wir müssen es erst erarbeiten? Wodurch oder womit, frage ich Sie, meine sehr ver­ehr­ten Damen und Herren auf der Regierungsbank, erarbeiten wir uns diese Steuerreform? Viel­leicht durch eine Nichtankurbelung der Wirtschaft, wie es jetzt passiert, oder durch prak­tisch keine Maßnahmen im Arbeitsmarktbereich?

Ich sage es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir werden uns die Steuerreform durch mehr Selbstbehalte zu erarbeiten haben. – Bitte geht mehr zum Arzt, damit es da höhere Ein­nahmen gibt! Wir werden uns die Steuerreform durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer zu erarbeiten haben. – Bitte fahrt mehr mit dem Auto, damit wir mehr Cent pro Liter Treibstoff plus Mehr­wert­steuer einnehmen, damit der Herr Finanzminister auf höhere Einnahmen zurückgrei-


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