Bundesrat Stenographisches Protokoll 694. Sitzung / Seite 91

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einzigen Arbeitsplatz. Dabei geht es nur um Umschichtung, nur darum, dass in vielen Betrieben – ich sage: nicht alle Unternehmer, aber doch sehr viele – die Möglichkeit gesehen wird, Teilzeit beziehungsweise geringfügige Beschäftigung einzuführen und Überstun­den­leis­tungen 1 : 1 in Form von Freizeit abzugelten.

Es gibt die verschiedensten Überlegungen in Richtung Patentrezept „Senkung der Lohn­nebenkosten“. – Wir haben das schon einmal im Bereich der Jugendlichen erlebt. Es ist in Wirklichkeit nichts geschehen: Es sind nicht mehr Lehrstellen angeboten worden, es sind nicht mehr Jugendliche in Lehrverhältnisse gekommen. Derzeit suchen nach wie vor 7 800 Ju­gendliche einen Lehrplatz, offen sind hingegen nur 2 700 Lehrstellen, obwohl wir die Lohn­nebenkosten für diesen Bereich um rund 10 Prozentpunkte gesenkt haben.

Wir haben gehört, die größte Steuerreform, die es je gegeben hat, soll kommen – ich werde wirklich versuchen, mich zu diesem Thema kurz zu fassen –: Die erste Etappe ist in einem Ausmaß von 385 Millionen € geplant. Steuerfreiheit gibt es für einen Monatsbezug in der Höhe von 1 000 € brutto. – Wunderbar, gut, hervorragend!, sage ich. Eines, bitte, dürfen wir aber nicht dabei vergessen: Ein Angestellter mit 1 000 € brutto zahlt 31,80 € an Lohnsteuer. Das wird sich also im Großen und Ganzen mit dem, was an Verschlechterungen und Verteuerungen kommen wird, teilweise die Waage halten, das wird teilweise aufgesogen werden. Die höchste Entlas­tung durch die erste Etappe wird also dazu führen, dass ein Arbeitnehmer mit 1 000 € zirka 31,80 € weniger wird zahlen müssen.

Der Herr Bundeskanzler hat heute gesagt, die Steuerreform solle bis 2006 auch ein Nulldefizit bringen. – Ich fasse das schon fast als eine gefährliche Drohung auf, denn wie kann man es anders verstehen, wenn wir hier ... (Zwischenbemerkung des Staatssekretärs Mag. Kukacka.) Herr Staatssekretär! Na, sehr wohl! Wenn wir es uns leisten können, sehr wohl, aber nicht auf Kosten der unselbständig Beschäftigten in Österreich! (Neuerliche Zwischenbemerkung des Staats­sekretärs Mag. Kukacka.)

Ein Angestellter – Herr Staatssekretär, lassen Sie das auf der Zunge zergehen! – mit einem Einkommen in der Höhe von 1 000 € gewinnt durch die erste Etappe der Steuerreform, wie gesagt, 31,80 €, aber für die Erhöhung der Energiesteuer muss er 3,10 €, für die Freizeit­versicherung 0,1 €, für die erhöhten Krankenversicherungsbeiträge 2,50 € und für die Selbstbehalte 3,90 € zahlen, und somit macht die verbleibende Entlastung 21,30 € aus.

Bei einem Angestellten können wir die gleiche Rechnung machen: Da würden von 29,42 € ganze 24,42 übrig bleiben. Dabei sind aber noch gar nicht alle Selbstbehalte, die von dieser Regierung geplant sind, miteingerechnet, weil wir sie noch nicht kennen, und diese kann man auch gar nicht 1 : 1 einrechnen.

Das heißt also, die Entlastung gibt es nur für diejenigen, die 1 000 € verdienen. Jene 1,15 Millionen Arbeitnehmer, die jetzt nur 900 € verdienen, zahlen keine Lohnsteuer, was so viel bedeutet, dass für sie nur die Erhöhungen, die ich vorhin aufgezählt habe, zum Tragen kommen. Für die Bezieher solch kleiner Einkommen gibt es also absolut keine Entlastung, sondern es gibt für sie eindeutig nur eine Verschlechterung, eine Mehrzahlung. Es geht an­scheinend darum, dass man, je weniger an Einkommen da ist, umso mehr herausholen will. Fast 2,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden durch die erste Etappe der Steuer­reform stärker belastet als entlastet. Ich betone: 2,5 Millionen Arbeitnehmer, meine sehr verehrten Damen und Herren!

385 Millionen € Entlastung für Arbeitnehmer stehen in der ersten Etappe der Steuerreform 204 Millionen € Belastung allein auf Grund der höheren Energiesteuer gegenüber. Diese Ener­gie­steuer – und das ist, bitte, auch nicht ganz unwesentlich, wenn wir von den unselbständig Beschäftigten in Österreich sprechen – kostet die Unternehmen 200 Millionen €. Die steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne bringt ihnen aber 400 Millionen bis 600 Millionen €. Das heißt, da ist tatsächlich ein Gewinn vorhanden.

 


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