reich antreten.
Kollegin Aburumieh und ich werden als Mandatsträger aus der Politik ausscheiden.
Ich möchte aber
nicht gehen, ohne Ihnen zumindest in ein paar Sätzen zu sagen, was ich in den
vergangenen fünf Monaten an Schattenseiten des Lebens kennen gelernt habe, und
zwar im Rehab-Zentrum Weißer Hof, von der Allgemeinen
Unfallversicherungsanstalt hervorragend geführt, gemeinsam mit
200 Schwer- und Schwerstversehrten. Ich habe an einem Behindertenprojekt
mitgearbeitet und arbeite auch weiterhin daran mit.
Ich möchte Ihnen
übermitteln, dass Sie in Ihrer politischen Tätigkeit diese zahlenmäßig nicht
überwältigend große Gruppe nicht übersehen dürfen. Es sind zumeist Menschen,
die durch einen schweren Unfall in eine neue Situation des Lebens geraten
sind – in eine völlig neue, es ist fast nichts mehr so, wie es vorher war.
Zu den körperlichen Beeinträchtigungen kommen starke – das hätte ich
früher nie so stark angenommen, wie ich es dann dort erlebt habe – psychische
Probleme. Es geht um die Fragen: Wohin geht mein Weg? Wie wird mein Arbeitgeber
reagieren? – Nicht selten kommt es vor, dass nach einem schweren Unfall
relativ schnell der blaue Brief kommt.
Ich habe –
auch das hatte ich unterschätzt – bei vielen Verunfallten erleben müssen,
dass nicht nur Freunde verloren gehen, sehr oft in Massen, sondern auch Ehen,
Lebenspartnerschaften in die Brüche gehen.
Ich habe in vielen
Gesprächen mit Verunfallten auch erleben müssen, dass die Frage nach dem Sinn
des Lebens gestellt wird. Ich möchte es jetzt kurz machen und bitte alle
Mitglieder dieses Hauses, bei ihrer künftigen politischen Arbeit – ich
nenne nur das Schlagwort „Unfallrentenbesteuerung“ – auf diese Dinge
Rücksicht zu nehmen und eine Lösung zu finden, die erträglich ist.
In dem
Behindertenprojekt, an dem ich nach wie vor mitwirke – es wird vom
Bundesland Wien über den Österreichischen Zivilinvalidenverband
betrieben –, geht es konkret um die Frage: Welchen Sinn kann ein
Querschnittgelähmter in der Gesellschaft finden? – Ich möchte ausdrücklich
betonen: Das soziale Netz ist sehr eng; das heißt, wir haben –
international gesehen – ein sicher sehr engmaschiges soziales Netz, aber
Geld ist für einen Querschnittgelähmten nicht das Allerentscheidendste, sondern
es geht um die Frage: Wo finde ich mich sinnvoll in der Gesellschaft wieder
eingebracht?
In diesem
Zusammenhang möchte ich – gestatten Sie mir das bei meiner letzten
Rede – einige Personen namentlich erwähnen: Ich beginne mit
Therapeutinnen am Weißen Hof: Frau Gschossmann, Frau Haas, Frau Klein, die
viel mehr machen, als sie beruflich eigentlich tun müssten, und die – das
möchte ich auch sagen – immer wieder psychisch sehr stark gefordert sind,
und das bei einem verhältnismäßig schwachen Verdienst.
Ein
ausgezeichneter Herr Dr. Linder führt dort die psychologische Beratung von
Schwerstverunfallten in bestmöglicher Form durch. Für viele steht die Frage im
Raum: Warum ist das geschehen, und wie geht es weiter?
Die
Stationsoberschwester Martha Ebner schafft es mit ihrer mütterlichen Art immer
wieder, dass die Patienten untereinander ein gutes Einvernehmen haben.
An der Spitze
steht Primarius Dr. Schrei, er und sein gesamtes Ärzteteam leisten
wirklich hervorragende Arbeit für die Versehrten.
Ich möchte am
Schluss meiner Rede, nachdem ich Bücher liebe, aus einem Buch zitieren: Jörg
Mauthe, „Nachdenkbuch für Österreicher, insbesondere Austrophile,
Austromasochisten, Austrophobe und andere Austriaken“. Unter dem Titel „Die
neun Geschwister“ sind die neun Bundesländer meiner Ansicht nach sehr typisch
beschrieben. Und wenn Sie jetzt genau aufpassen, dann werden Sie sicher
bemerken, welche Charakteristika Mauthe für Ihr jeweiliges Bundesland, von dem
Sie als Mandatar entsandt sind, gefunden hat.
Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite