„Man könnte
Österreich auch einmal als eine Familie von neun Geschwistern betrachten:
Eines hat, weil
das Schicksal oder die Geschichte es so wollte, die Führungsrolle und damit
einen Haufen Scherereien übernommen;
ein
anderes“ – von Wien springen wir jetzt nach Niederösterreich – „dient
dem ersten brav und bieder und betrauert nur leise und gelegentlich den
Verzicht auf ausgeprägte Eigenidentität;
eines“ –
Steirer, bitte aufpassen! – „findet Vergnügen daran, dem ersten
gelegentlich das Haxel zu stellen oder einen Puff zu versetzen und dann so zu
tun, als wär’s ein Zufall gewesen;
das vierte“ –
Oberösterreich – „arbeitet tüchtig vor sich hin, fühlt sich über das
zweite“ – nämlich Niederösterreich – „erhaben und nimmt dem
ersten“ – Wien – „prinzipiell alles übel;
das fünfte“ –
Burgenland – „fühlt sich vom zweiten und dritten über die Schulter
angesehen und setzt alles daran, vom ersten ernst genommen zu werden;
das
sechste“ – Salzburg – „ist die Schönheit der Familie, neigt aber
dazu, schlecht aufgelegt zu sein;
das
nächste“ – Kärnten – „ist das fröhlichste von allen, aber so
unzuverlässig, daß es alle anderen oft an den Rand der Verzweiflung bringt“ (Heiterkeit
und Beifall bei ÖVP und SPÖ) „;
das achte“ –
Tirol – „hingegen bringt das Kunststück zuwege, zugleich überheblich gegen
jedes einzelne und loyal gegen das Ganze zu sein.“ (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) – Gegen das Ganze zu
sein!
Eines fehlt
noch – Jörg Mauthe schreibt: „Ich
habe mich gehütet, die Namen der Geschwister zu nennen; der Leser mag sie selbst
erraten. Aber daß es in jedem Familienverband einen Nachzügler gibt, der,
weil er der Kleinste ist, besondere Tüchtigkeit entwickelt und den anderen gegenüber
besonders hartnäckige Individualität an den Tag legt, wird jedem, der sich ein
wenig auf Gruppenpsychologie versteht, ebenso klar sein, wie daß es sich dabei
nur um Vorarlberg handeln kann.“ (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ich danke Ihnen
für die neuneinhalb Jahre, in denen ich in diesem Kreise mitwirken durfte, und
ich wünsche Ihnen – über alle Parteigrenzen hinweg – das, was
Präsident außer Dienst Schambeck immer wieder sagte: Es kommt bei jedem Bundesrat nicht so sehr auf das Gewicht des Mandates
an, sondern darauf, was jede Persönlichkeit aus diesem Bundesratsmandat macht.
Ich wünsche Ihnen – egal, in welchem Bereich Sie jetzt gerade tätig sind,
welcher Fraktion Sie angehören; Sie haben eine Rolle in einer Gesellschaft zu
erfüllen –, dass Sie dieses Mandat zur Zufriedenheit vor allem der
Wählerinnen und Wähler, die Ihnen das Vertrauen geschenkt haben, und zum Wohle
der föderalistischen Republik Österreich ausüben können. – Ich danke Ihnen
und verabschiede mich hiemit. (Lang anhaltender allgemeiner Beifall. –
Die Bundesräte von ÖVP und SPÖ erheben sich dabei von ihren Plätzen.)
12.52
Vizepräsident
Jürgen Weiss: Meine Damen und Herren! Ich kann
mich nicht daran erinnern, dass es aus einem solchen Anlass jemals Standing
Ovations für eine Rede gegeben hätte. Das zeigt aber auch, wie sehr sie uns
nahe gegangen ist.
Ich möchte dir,
lieber Walter, stellvertretend für alle ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen
aus Niederösterreich, ein herzliches Wort des Dankes sagen. In besonderer Weise
gilt das dem ausscheidenden Ordner Walter Grasberger, der ungeachtet seiner
schmerzhaften Unfallfolgen mit einer bewundernswerten Disziplin seine Aufgabe
bis zur heutigen Sitzung versehen hat, in einer beispielhaften Form der
Pflichterfüllung. Seinem Pflichtbewusstsein entspricht es auch, dass er mit den
von ihm dargelegten Hinweisen und Anliegen in unserer Arbeit weiterleben möchte.
Wir können dir – neben allen guten Wünschen – nicht mehr mit auf den
Weg geben, als dass wir das beherzigen und fortsetzen wollen.
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