Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 59

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Noch einmal herzlichen Dank und alles Gute, Gottes Segen für die Zukunft! (Allgemeiner Bei­fall.)

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm das Wort.

12.54


Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Meine Herren Staatsse­kretäre! Ich begrüße den Herrn Botschafter auch als Staatssekretär. Ich habe mich eben weise gemacht: Er war zur Zeit der Regierung Klaus Staatssekretär, wahrscheinlich später auch noch einmal, aber wenn man in Österreich einmal einen netten Titel oder Dienstgrad erworben hat, soll man ihn nicht verlustig gehen lassen. In diesem Sinne meine herzliche Begrüßung.

Immerhin hat der Herr Staatssekretär – und jetzt bleibe ich beim Herrn Botschafter, damit keine Verwechslungen aufkommen – gemeinsam mit Universitätsprofessor und Präsidenten Jabloner ein epochales Werk geschaffen. Es gab dazu auch einen in der „Presse“ stattgefundenen Schrift­wechsel in Form von Leserbriefen – „Leserbriefe“ ist vielleicht untertrieben, aber es war natürlich keine Doktorarbeit von beiden, jedoch handelte es sich um bedeutende Aussagen Jabloner gegen Herrn Dipl.-Ing. Butschek.

Der eine Titel, den Präsident Jabloner geschrieben hat, lautete: Es gibt keinen historischen Schluss­strich. – Dipl.-Ing. Butschek hat nämlich einen Schlussstrich angetönt. Natürlich, in der His­torie gibt es nie einen Schlussstrich. Alexander der Große wird neu bewertet und neu ge­schrieben, die Taten oder Untaten Napoleons ebenso und so auch die letzten 50 Jahre des sehr mörderischen 20. Jahrhunderts.

Aber es gibt vielleicht trotzdem einen für diese tragische Angelegenheit materiellen Schluss­strich, und es ist wirklich Zeit, dass dieser dann auch gezogen wird. Immerhin hat schon der Staatsvertrag von Wien eine Kommission eingesetzt, die 24 Monate wirken sollte, um damit schon einen Schlussstrich zu ziehen. Das wäre 1957 gewesen. Aber bei uns in Österreich dauert manch gutes Werk etwas länger, nur jene, die es betrifft, leben oft nicht mehr, und das ist tragisch.

Vom Kollegen Liechtenstein wurde schon angesprochen, dass die Republik Österreich, ohne persönlich als Staat betroffen zu sein – ich betone: auch nicht moralisch, sondern einfach aus Anstand heraus –, gehandelt und gezahlt hat. Die Zahlen lassen sich nicht ganz fixieren, aber ich glaube, im Jahr 1992 – vielleicht war es im Jahr 1993 – hat der österreichische Botschafter in Tel Aviv, Kröll, einen Bericht an das Außenamt geschrieben, in dem stand, dass der öster­reichische Steuerzahler damals rund 300 Milliarden Schilling für, global gesprochen, Wieder­gutmachung geleistet hat.

Es ist schon sehr zweckmäßig, wenn wir für diesen Opferbereich den Schlussstrich ziehen, der nicht historisch gemeint ist, sondern materiell, und das soll dann Ende nächsten Jahres sein.

Seit die Freiheitlichen in der Bundesregierung sind, hat sich auf diesem Gebiet doch einiges ge­tan, was andere Regierungen vorher nicht wahrgenommen haben. Es ist das Thema der Zwangs­arbeiter behandelt worden; es ist das Thema der Restitution an die Juden besprochen wor­den und zu Gesetz geworden. Und es wurde erfreulicherweise, aber nicht so gewichtig in der Schilling- oder Euroquantität, das Thema der Kriegsgefangenen angesprochen, und man hat ihnen auch einen Ehrensold zukommen lassen. Es ist erfreulich, dass sich dieses Hohe Haus – spät, sehr spät für alle Betroffenen – mit dem Thema beschäftigt.

Vor wenigen Tagen ist mir ein Interview in der „Presse“ aufgefallen, in dem Professor Rathkolb ein Gespräch wiedergibt, welches einen gewissen Hinweis darauf gibt, warum es so lange dauert.

Er schreibt: „Es gibt ein Schlüsseldokument. Karl Renner hat nach ersten Gesprächen mit sow­je­tischen Offizieren, bevor er Staatskanzler wurde, eine Denkschrift verfasst, in der er sich auch mit der Frage der Entschädigung auseinander gesetzt hat. Seine Zielrichtung ist die der Zweiten Republik, die er vorgegeben hat, noch ehe es eine provisorische Regierung gab: Die Rückkehr


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