der Juden muss verhindert werden. Keine Restitution eins zu eins,
sondern einen anonymen Fonds, damit nur ja niemand zurückkommt.“
Es ist
erstaunlich, dass im Frühjahr 1945 – die erste Staatsregierung gab
es, glaube ich, im Mai oder schon im April, ich weiß es nicht mehr, aber in
dieser Zeit wird es wohl gewesen sein – Renner diese Aussage gemacht hat
und dass man sie jetzt durch Rathkolb zur Kenntnis bekommt.
„Der Wiener
Philosoph Burger – er wird in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“
zitiert – „polemisiert seit einiger Zeit gegen die in Österreich wie in
Deutschland vorherrschende Neigung, permanentes Erinnern an schreckliche
Verbrechen zur öffentlichen Pflicht zu machen. Burger fordert statt dessen
mildes, heilsames Vergessen.“
Ich bin nicht für
das Vergessen, aber das soll jeder für sich selbst entscheiden. Ich glaube, man
sollte nicht so sehr einen Staatskult daraus machen, was miserabel in unserer
Geschichte verlaufen ist. Man soll es nicht vergessen, jeder soll es so
halten, wie er will – weniger Staatskult!
Wir wissen – ich
sage das jetzt ausdrücklich in Richtung Sozialdemokraten
und ÖVP –, dass schon zwischen 1933 und 1955 Zwangsarbeit geleistet
werden musste. Ich glaube, allen diesen Opfern – und das ist der Punkt,
bei dem ich sage, der Schlussstrich ist noch nicht zu ziehen – gehört
gleichermaßen gedacht, alle diese Opfer gehören gleichgewichtig entschädigt.
Alle, die zwischen 1938 und 1948 ihres Eigentums beraubt und vertrieben
wurden, sind zu entschädigen, soweit es möglich ist, und nicht nur die eine
oder die zwei Opfergruppen, die wir behandeln. Diese Republik hat sich für alle
Staatsbürger und auch ehemaligen Staatsbürger – es sind nicht mehr alle
hier in Österreich, gerade die Juden sind aus guten Gründen nicht hier, sondern
ausgewandert und kommen nur selten zurück – in gleicher Weise zu
verwenden, und es darf meines Erachtens keine zwei Opfergruppen geben: die
guten und die bösen Opfer. Ich komme vielleicht noch darauf zurück.
Wir haben gestern
im Fernsehen gesehen und in der heutigen oder gestrigen „Kronen Zeitung“ gelesen,
dass es jetzt das Feilschen – sage ich, es wird anders genannt – der
Bundesländer um den ehemaligen Habsburger-Besitz, den Staatsbesitz wie den
Privatbesitz, gibt. Nun wissen wir, im Jahr 1938 bekam ein Habsburger
einiges zurück, um dann sehr schnell wieder vom nachfolgenden Regime enteignet
zu werden. Aber diese Besitze sind noch nicht von dieser Republik
zurückgegeben worden.
Denken wir nur an
das Gelände des Philipp-Hofes! Das war ein Habsburger-Grundstück, ein Habsburger-Haus –
bedauerlicherweise ist es Anfang des Jahres 1945 durch kollaterales Bombardieren,
wie man heute sagen würde, völlig kaputt gegangen. Oder denken wir an einen
Turnsaal in Simmering, der dem Österreichischen Turnerbund gehörte! Er wurde
auch enteignet im Zusammenhang mit dem Anschluss an das Dritte Reich. Es waren
sogar vier Turnhallen! Aber Eingaben an Politiker wie Gusenbauer und Kostelka
blieben entweder ohne Antwort oder wurden mit banalen Feststellungen wie die
von Kostelka beantwortet, dass in einem „sehr gut funktionierenden Rechtsstaat
... man wohl davon ausgehen kann, dass auch in dem von Ihnen angesprochenen
Fall ein korrektes Vorgehen der staatlichen Stellen gegeben war.“
Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Wenn wir uns auf so etwas berufen, dann dürften wir auch heute
diese Gesetze nicht beschließen, weil der Staatsvertrag von Wien gewissermaßen
schon einen Schlussstrich gezogen hat. Ich meine, es ist wichtig, den
Schlussstrich für alle Opfergruppen in gleicher Art und Weise zu dehnen,
insbesondere für jene, die noch nichts bekommen haben, die noch immer
materiell nicht entschädigt worden sind. Es ist betrüblich und schrecklich,
was alles passiert ist, es sterben immer mehr und mehr, aber wir müssen darauf
achten, dass wir die Opfer gleich behandeln.
Den Opfern von
1933 bis 1955 wird mit Kenntnissen, Erfahrungen und Dressuren aus der Zeit nach
deren Tod die Ehre abgesprochen, die Lauterkeit ihrer Opfer geleugnet, und es
werden die Schmerzen der Sterbenden wie der Überlebenden, die sich den
Geopferten verbunden fühlen, mit Füßen getreten.
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