Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 65

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stellen – auch mit Verzicht, wenn es nicht anders geht – oder konnte, wenn die Mittel dafür vor­han­­den waren, entsprechend vorsorgen. Diese Gleichstellung im Jahre 2033 ist versicherungs­ma­thematisch notwendig und kommt bis zu einem gewissen Grad, weil wir wissen, dass die Alters­unterschiede zwischen Lebenspartnern geringer werden, auch der Lebensplanung der Bevölkerung tendenziell entgegen.

Das ist ohne große Aufregung, ohne weitestgehende Proteste, sondern mit der vielleicht nicht emo­tional, aber intellektuell jedenfalls fundierten Zustimmung der Betroffenen über die Bühne gegangen. (Zwischenruf des Bundesrates Ledolter. – Bundesrat Bieringer: Das betrifft kei­nen!) Es hat damals sehr wohl lebende und mit Intelligenz begabte Menschen betroffen. Ich wür­de nicht allen Frauen, die im Jahr 1992 die Pension noch nicht unmittelbar vor Augen hat­ten, die Intelligenz absprechen, das zu begreifen, Kollege Bieringer!

Jetzt ist eine andere Vorgangsweise gewählt worden, eine, die gewissermaßen überfallsartig, und ohne den Menschen die Möglichkeit zu geben, dafür vorzusorgen, jene Perspektive, auf die sie sich natürlich verlassen haben, unter den Füßen wegzieht.

Meine Damen und Herren! Das ist ein grundlegend unterschiedlicher Ansatzpunkt ohne zwin­gen­de Notwendigkeit, wie ich noch einmal in Erinnerung rufe, der als Affront gegenüber den Menschen dieses Landes verstanden werden muss und im Übrigen, wie Ihnen die Reaktionen zeigen, auch so verstanden wird.

Die Menschen haben ein Recht darauf, sich auf etwas verlassen zu können. Die Menschen haben ein Recht darauf, innerhalb feststehender Parameter ihr Leben planen zu können, und es ist unverantwortlich, in derart willkürlicher Weise in die Lebensplanung von Millionen Men­schen einzugreifen. (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.)

Ich sage das mit besonderer Erregung (Bundesrat Dr. Nittmann: Wie jedes Mal! Dauererregt, Herr Professor!), wenn ich lese, dass offensichtlich – ich kann hier nur die Medien interpre­tieren – jene, die diesen Begutachtungsentwurf verfasst haben, einiges an Abfederungsmaß­nah­men und längerfristigen Maßnahmen, was ihnen die Experten vorgeschlagen haben, her­aus­gestrichen haben, um ein so genanntes Kompromisspotenzial zu haben. Das, meine Da­men und Herren, ist nackter Zynismus, Menschen zu erschrecken und dann zu sagen: Hoppala, ich habe da noch einen Kasperl in der Tasche!, und dann tut es nicht ganz so weh, das ist ein bodenloser Zynismus. Wenn es so ist – ich kann mich nur auf Medienberichte berufen –, dann muss ich das energisch zurückweisen! Die Lebensvorsorge der Österreicherinnen und Öster­reicher ist nichts, mit dem man auf diese Art und Weise spielen darf! (Beifall bei der SPÖ und des Bundesrates Schennach.)

Das Dritte, was eingangs zu sagen ist: Wenn das eine Reform ist – das Wort wird damit end­gültig zum Schimpfvokabel degradiert –, dann umfasst sie derzeit lediglich den Bereich des ASVG und der parallel liegenden Versicherungen und schließt andere Systeme augenblicklich aus. Wir bekommen zu wiederholten Malen versichert, dass das nicht so bleiben werde, dass man angeblich im Herbst – das haben Sie, Frau Ministerin, im Fernsehen gesagt – analoge Lö­sungen finden werde.

Können Sie mir erklären, worin die tiefere Logik dieser Vorgangsweise besteht? – Es gibt zwei Möglichkeiten, und keine davon ist sehr sympathisch. Die eine Möglichkeit besteht darin, dass man mit dem getrennt Geschlagen-Werden der betroffenen Gruppen spekuliert, dass man heu­te den öffentlichen Dienst damit ruhig hält, dass man ihm augenzwinkernd versichert, so arg wer­de es schon nicht werden, was immer dann tatsächlich geplant ist, und auf diese Art verhin­dert, dass die nahe liegende Solidarisierung aller Betroffenen stattfindet.

Die andere Variante – sie ist genau so unsympathisch – besteht darin, dass man es tatsächlich nicht vorhat, aber mit der Behauptung, dass es kommen wird, eben eine breite gemeinsame Diskussion verhindert.

Wer das österreichische Pensionsversicherungssystem fundamental verändern will, darf und kann nicht einzelne Gruppen ausnehmen und sagen, dazu kommen wir später. Ein Haus kann


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