Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 68

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desrates Bieringer), was auch wieder sein gutes Recht ist. Aber glauben Sie mir, wir sind in die­sem Augenblick gerne bereit, jede Diskussion zu führen, nur nicht darüber, was unser Vorschlag ist, sondern über die real drohende Veränderung.

Ich sage leidenschaftslos, aber mit Verärgerung: Ich habe mit Missmut bemerkt – obwohl das na­türlich ein Thema sein kann –, dass ein Teil unserer Medien mit größerer Hingabe über die Pen­sionsansprüche von 21 Menschen als über das Schicksal von 7 Millionen Österreichern dis­kutiert. (Bundesrätin Bachner: So ist es!) Ich bin nicht bereit, die Diskussion über diese Attacke von Schreibtischtätern, und was immer da gesagt wurde, dadurch vom Tisch zu wischen, dass wir jetzt im Detail über anders lautende Vorschläge diskutieren und damit der Regierung die Möglichkeit geben, von dem, was sie auf den Tisch gelegt hat, abzulenken – alles zu seiner Zeit! Ich glaube, dass wir sehr wohl höchst positive, höchst wirkungsvolle und zum Teil auch origi­nelle Vorschläge für eine Neufassung unseres Pensionssystems unterbreiten können.

Wir haben kein Problem damit, wenn uns jemand sagt: Nein-Sagen allein genügt nicht, es geht auch um Vorschläge. – Selbstverständlich! Aber diese Vorschläge eignen sich wenig für eine De­batte hier und mit Ihnen, sondern sie eignen sich für eine Debatte dort, wo ernsthaft um die besten Ideen für die Lösung eines von allen erkannten Problems gerungen wird, und dort wer­den wir sie auf den Tisch legen. Aber die Voraussetzung dafür ist, dass es die Bereitschaft gibt, diesen Vorschlag anzunehmen – wenn auch natürlich durch Beschluss im Nationalrat und im Bundesrat legitimiert; obwohl wir sehen werden, ob alle jene, die jetzt dagegen schreien, dann auch tatsächlich zustimmen oder nicht, das weiß man nicht, aber wenn es nach der Papierform geht, dann haben natürlich die beiden Regierungsparteien da wie dort die Mehrheit.

Das ist nicht unser Konzept, hier ist Konsens gefragt – ein Konsens, bei dem auch die Betrof­fenen oder die Vertreter jener, die Betroffene sein werden, durchaus ihre Bereitschaft mitbrin­gen werden, zu Dingen zuzustimmen, die eine Verschlechterung darstellen. Es gibt keinen Vier­ten, der das zahlt, wenn Menschen erfreulicherweise älter werden und daher die Beiträge nicht ausreichen, um ihre Pensionsansprüche zu befriedigen. Das müssen die Menschen selbst be­zah­len, gar keine Frage. Aber die Frage ist, wie viel Zeitdruck und wie viel finanziellen Druck man macht und über welche Zeiträume man die Neukonstituierung eines solchen Systems erstreckt.

Herr Bundesminister und Herr Vizekanzler! Nun haben wir in unserer dringlichen Anfrage ganz besonders auf ein spezifisches Problem verwiesen. – Falls Sie nicht als Aufpasser für den Herrn Minister da sind, sondern aus Interesse an der Frage, die wir vor allem hinsichtlich der Frau­­enpensionen aufwerfen, dann freue ich mich darüber, dass Sie da sind, Frau Ministerin! – Es geht natürlich darum, dass diese so genannte Reform oder die Vorschläge für die Frauen eine substanzielle – mehr, eine existenzielle! – Verschlechterung ihrer Bedingungen im Alter mit sich bringen. Das ist nur – ich gebe das ganz offen zu – zum Teil Schuld dieser Gesetzes­vor­schläge, aber es ist die Schuld der Ignorierung der Tatsache in diesen Vorschlägen, dass Frauen in dieser Gesellschaft nach wie vor benachteiligt sind.

Ein Pensionsrecht – ein soziales Pensionsrecht! –, das diesen Namen verdient, muss auch eine Komponente der Umverteilung beinhalten, eine Umverteilung innerhalb des Bereiches bis zur Höchstbeitragsgrundlage – darüber hinaus geht es nicht –, aber innerhalb der verschiedenen Ein­kom­mensklassen und bei den Einkommensklassen und bei den Berufsverläufen zu Gunsten der Frauen, sonst verdient dieses System das Element „sozial“ nicht.

Wenn wir sagen, wir haben eine große öffentlich verwaltete Kassa, in die jeder seinem jeweili­gen Verdienst entsprechend einzahlt, und am Ende wird abgerechnet, und daraus ergibt sich ein Pensionsanspruch, und sonst passiert gar nichts, dann sage ich als Sozialdemokrat ganz ehrlich: Dann brauchen wir keine öffentliche Pensionsversicherung, das kann jede Versicherung auch: Prämien aufaddieren, aufwerten – in diesem Fall vielleicht sogar mit Gewinnbeteiligung – und am Schluss wieder „abzinsen“ nach den allgemeinen Sterbetafeln des österreichischen Ver­sicherungsgewerbes – das kann jeder. Das ist, bitte schön, nicht das Wesen eines öffentli­chen Pensionssystems; das beinhaltet, dass ein Ausgleich gegeben wird – zum Beispiel für Kindererziehungszeiten, zum Beispiel für den Dienst beim Bundesheer.

 


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