Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 69

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich weiß nicht, wer sich da durchgesetzt hat, aber nun sind wir schon bei den Punkten, bei de­nen man sich an den Kopf greifen muss: Können Sie mir erklären, Herr Bundesminister, warum der Wehrdienst eines jungen Mannes versicherungsrechtlich vier Mal so viel wert ist wie die Kindererziehung durch eine junge Frau? Können Sie mir das erklären? – Das erinnert mich an die Beweisregeln des Mittelalters: Das Zeugnis einer Frau ist nur die Hälfte des Zeugnisses eines Mannes wert. Es erinnert mich aber auch an manch konservative islamische Länder: Das Zeug­nis eines Nicht-Muslimen hat nur ein Viertel des Werts eines islamischen Zeugen. – Der junge Bundesheerler ist vier Mal mehr wert als die Kinder erziehende Frau? – Erklären Sie mir das bitte! (Bundesrätin Haunschmid: Was haben Sie 20 Jahre gemacht?)

Was hat das mit mir zu tun? – Ich war beim Bundesheer, habe keine Kinder geboren – erstaun­li­cher­weise. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Mag. Haupt.) – Ja, ich habe immer wieder biologische Überraschungen für das Haus zu bieten.

Es tut mir entsetzlich Leid, Frau Kollegin, ich weiß Zwischenrufe zu schätzen, weil sie an sich ein interessantes Element in eine Rede bringen, aber ich gestehe: Ich habe ihn intellektuell nicht verstanden – das mag an mir liegen. (Bundesrätin Haunschmid: ... hättet ihr schon längst aushandeln können, was Sie jetzt vorschlagen!)

Das ist ein typisches Beispiel für jene Haltung, die hinter diesem Entwurf steht, und es steht mit Sicherheit nicht die Haltung dahinter, dass es Aufgabe eines solchen Gesetzes ist, real existie­rende Benachteiligungen so gut es geht – das Einkommensniveau werden wir nicht nachträg­lich korrigieren können, die Tatsache, dass die Schere zwischen Männer- und Fraueneinkom­men besteht und weiter auseinander klafft, werden ... (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Him­mer.)

Kollege Himmer! Wenn Sie das lustig finden, dann sind Sie auf der falschen Veranstaltung! Ent­schuldigen Sie! Sie brauchen nur mit aller Zurückhaltung die bekannten Statistiken von ÖSTAT zu lesen. Wir sind in dieser Hinsicht bedauerlicherweise eines jener Länder innerhalb der EU, die bezüglich der Öffnung dieser Schere weit vorne rangieren und bezüglich Schließen dieser Schere weit hinten. Wenn Sie das lustig finden, dann sollten Sie vielleicht einmal den ÖVP-Frauen zu „verklickern“ versuchen, warum das so lustig ist – soweit ich weiß, teilen sie da eher meine Meinung; aber jeder lacht darüber, was er für lustig findet.

Meine Damen und Herren! Ich sage jetzt auch dazu: Das ist keine politische Beschuldigung! Die Bun­desregierung ist an vielem schuld, an dem Auseinanderklaffen von Männer- und Frauenge­hältern ist sie nicht konstitutiv schuld. Das ist ein Element unserer Gesellschaft, und da sind nicht regierende Sozialdemokraten als Gewerkschafter, als Arbeitgeber, als solche, die perso­nel­le Entscheidungen zu treffen haben, genauso gefragt wie die Regierenden. Ich will das gar nicht auf eine parteipolitische Schiene stellen; nur auf die Lachnummer möchte ich es nicht reduzieren.

Da haben wir ein gesellschaftliches Problem. Es wäre viel zu verkürzt zu sagen, die frühere Re­gierung, die jetzige Regierung oder die vorvorige Regierung seien schuld daran. Nein, so ist es nicht. Die von Männern geprägte gesellschaftliche Struktur ist nicht ausreichend überwunden. Ganz nüchtern gesagt: Sie ist ganz offensichtlich auch noch nicht von den jüngsten nach­rücken­den Generationen von Berufstätigen hinreichend überwunden. Das ist eine Tatsache, über die sich jene, die sich in allen Parteien in Österreich damit beschäftigen, einig sind, und es ist eine Tatsache, gegen die anzukämpfen ist.

Das ist keine Aufgabe des Pensionsrechtes. Aber die Auswirkungen dieser Ungleichheit im Pen­sions­recht noch zu verschärfen und zu unterstreichen, das ist politisch falsch; ich will es gar nicht moralisch werten. Es ist unfair und falsch, und das können vor allem die Frauen in Öster­reich nicht hinnehmen.

Ich stoße an dieser Stelle – das ist eine abstrakte Diskussion, weil sie sich auf nichts bezieht, aber es stehen so wenige gute Sachen in diesem Begutachtungsentwurf – auf ein zweites Problem. Wir haben Länder und darunter solche, die wahrhaft nicht als links einzustufen sind,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite