Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 70

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

die der ersten Säule des Pensionssystems – ich sage mit Recht, das ist ein überlegenswerter Ge­danke – einen Sockel gegeben haben, insbesondere ist da das Schweizer Beispiel zu zitie­ren, bei dem gegen einen geringen einkommensabhängigen, aber in Wirklichkeit bei der Pen­sions­berechnung unberücksichtigten Beitrag – da gibt es keine Abhängigkeit von den einge­zahlten Beiträgen – eine Sockelpension erreicht wird. Für die einen gibt es, wenn sie sonst nichts haben, nicht sehr viel mehr als diese Sockelpension, für die anderen gibt es eine deutlich ein­kommensabhängige darauf gedoppelte zweite Pension. Aber auch das ist ein Stück sozialer Ausgleich, in diesem Fall zugunsten der schlechtest Verdienenden.

Solche Elemente, die Gesellschaftspolitik sind, sind aus einem Pensionssystem nicht zu elimi­nie­ren, weil es, wie gesagt, sonst seine Bezeichnung sozial nicht mehr verdient, sondern eine pure Versicherung ist.

Dass eine Ausdehnung jenes Zeitraumes an Versicherungsjahren bei allen Ersatzzeiten, die notwendig sind, um eine volle 80-prozentige Pension zu erreichen, auf 45 Jahre den Berufsver­läufen, heute vor allem der Frauen, nicht entspricht, ist gar keine Frage. Ich sage auch ganz ehrlich dazu, dass es auch den sehr viel gebrocheneren Berufsverläufen derer, die heute an­treten, nicht entsprechen wird.

Ich gebe gleichfalls zu bedenken – ohne dass ich mich darauf konzentrieren will zu sagen, es dürfen nur ganz wenige besonders gute Jahre sein –, dass die schrittweise Ausdehnung – im­mer­hin schrittweise – des Durchrechnungszeitraumes auf 40 Jahre natürlich an die Grenzen eines Berufslebens stößt, vor allem in Bereichen, die sehr schlecht oder ziemlich schlecht be­zahlt werden, wobei das natürlich immer weiter zurückgeht, je länger die Pausen dazwischen sind. Wenn jemand, aus welchen Gründen immer, aussetzt oder aussetzen muss, dann ver­schlech­tert sich diese 40-jährige Periode entweder, indem sie unterbrochen und nach hinten geschoben wird, oder weil er während dieser Unterbrechungen ein sehr niedriges Einkommen hat, das seinen übrigen beruflich aktiven Zeiten nicht entspricht.

Es sind noch andere skandalöse Dinge enthalten, aber angeblich ist das das Spielmaterial, so schrei­ben alle Zeitungen, und von irgendwoher müssen sie es haben – von mir nicht, weil ich keine Kenntnis dazu habe. Dass die Aufwertung der zurückliegenden Beiträge weit unter der realen Geldentwertung, weit unter den Produktivitätssteigerungen, weit unter allen Indikatoren einer Wirtschaft liegt und in Wirklichkeit die vor 40 Jahren geleisteten Beiträge in diesem Falle zu einem beträchtlichen Teil Opfer eines – Originaltext Professor Marin – „Pensionsraubes“ sind, das möchte ich nur noch ergänzend unterstreichen.

Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern mit einer 14-tägigen Begutachtungsfrist und nach einer sehr kurzen Phase der Ausarbeitung dieses Entwurfes etwas hingelegt, das weder dem Anspruch gerecht wird, eine Gesamtreform zu leisten, noch sozial verträglich ist. Sie haben die bestehenden Benachteiligungen von Frau­en – wir führen in unserem Anfragetext zahlreiche Beispiel an, die ich nicht wiederholen und zitieren will –, die real existierende Benachteiligung von Frauen in Wirklichkeit ignoriert, und Sie haben sie durch bestimmte Maßnahmen im Gesetzestext noch verstärkt.

Ich kann durchaus sehr laut und auch sehr emotional werden, und ich nehme mich jetzt sehr be­wusst zurück: Dieser Gesetzentwurf in der Realität des Landes, wenn er denn beschlossen wird, bedeutet für große Gruppen unserer Bevölkerung eine substanzielle, existenzielle Ver­schlechterung dessen, was sie am Lebensabend zu erwarten haben. Sie können jetzt der Mei­nung sein, dass das egal ist. Ich will mich gar nicht auf die moralische Schiene begeben, sondern ich bleibe sehr bewusst auf der ökonomischen. Wir diskutieren – da ist diese Bun­desre­gierung ein Partner – über eine Steuerreform, die ganz gezielt – ich hoffe, das funktioniert, wenn sie so ist wie der Entwurf, dann funktioniert es ohnehin nicht – dort Geld hingeben soll, wo die niedrigsten Einkommen sind – das einerseits aus sozialen Erwägungen, aber andererseits aus der sehr einfachen ökonomischen Überlegung, dass Menschen, die über ein verhältnis­mä­ßig geringes Einkommen verfügen, die ökonomisch positive Tendenz haben, zusätzliche Mittel auch gleich wieder auszugeben. Das ist bekanntlich für die Konjunktur, die nicht so ganz gran­dios läuft, nicht so schlecht.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite