Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 77

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Arbei­terkammer – einen tatsächlichen Arbeitslosenstand in der Höhe von 294 000 beschert. Wir haben gegengesteuert. Wir haben immerhin 26 000 Menschen in Beschäftigung halten können. Aber ich bin mit jedem hier in diesem Raume einig, dass 294 000 Arbeitslose zu viel sind.

Wir hätten mehr, schneller und besser gegensteuern können (Bundesrätin Schicker: Es ist gar nicht gegengesteuert worden!), wenn wir im Budget nicht jene Situation vorgefunden hätten, die wir geerntet haben, sondern eine Situation vorfinden würden wie etwa im Jahre 1972, als Bun­des­kanzler Kreisky mit seiner Regierung bei damals 84 Milliarden Defizit angetreten ist, um das auch einmal zu sagen.

Die Österreicher sind bei diesen langfristigen Betrachtungen aber nicht daran interessiert, wo das Geld vorgestern ausgegeben worden ist, sondern wie sie morgen, übermorgen und in 20 und 25 Jahren sozialen Frieden haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf nunmehr auf die Maßnahmen und auf Ihre Fragen im Einzelnen eingehen. Den allge­meinen Teil habe ich, so glaube ich, aus meiner Sicht zur Genüge – in manchen Punkten er­gän­zend und in manchen Punkten abweichend von Ihren Vorstellungen – erläutert.

Ich darf nunmehr zur Frage 1 kommen: Welche Auswirkungen hat die von der Bundesregierung in Begutachtung entsendete Pensionsreform auf Frauen?

Kurzfristig – so lange die vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer genützt wird – sind die individuellen Betroffenheiten von Männern und Frauen in etwa gleich. Die durch­ge­­führten Simulationsberechnungen zeigen keinen signifikanten Unterschied in der durch­schnitt­li­chen Betroffenheit von Frauen und Männern. Mittel- und langfristig – nach Auslaufen der vorzeitigen Alterspension – könnten allerdings Frauen stärker betroffen sein als Männer. Das ist eine Folge des neuen Berechnungssystems, inhaltlich auch der alten und neuen Steige­rungs­be­träge und der sonstigen Faktoren in der Pensionsberechnung.

Während Männer im alten und im neuen Recht beim Pensionsantritt im Alter von 65 mit 45 Versicherungsjahren 80 Prozent der Bemessungsgrundlage erhalten, bekommen Frauen beim Pensionsantritt im Alter von 60 bei Vorliegen von 40 Versicherungsjahren derzeit 80, im neuen Recht 71,2 Prozent. Bei weiterer Beschäftigung von zwei Jahren gleicht sich das um jeweils 4,2 Prozent, aber hin auf 80 Prozent aus.

Ich darf darauf hinweisen, dass es die Intention dieser Bundesregierung ist, Menschen länger in Be­schäftigung zu halten und nicht Menschen vorzeitig wegen Beschäftigungsmangel in diesem Staat in die Alterspension drängen zu müssen.

Frauen können die Pensionsminderung dadurch vollständig kompensieren, wenn sie vermehrt über das 60. Erwerbsjahr – wie ich es hier ausgeführt habe – in Beschäftigung bleiben. Für man­­che, die lange Ehezeiten mit Kinderbetreuung hinter sich haben und die, wie ich ausgeführt habe, mit 48, 50 Jahren geschieden sind, ist das aber immerhin eine Verbesserung, weil sie mit der Arbeitsleistung über 60 – wenn sie nach den seinerzeitigen Regelungen ihre Sozialan­sprü­che bei Heirat, im Vertrauen auf das Familienpensionssystem der damaligen Zeit, aufgegeben und mit diesem Geld ins Haus oder in sonstige Ausbildungschancen der Kinder investiert haben – die einzige Möglichkeit auf eine tragfähige und lebenswerte Eigenpension haben. Es ist das gegenüber dem Status quo, den wir für viele Frauen vorfinden, zumindest eine deutliche Ver­besserung, dass Arbeitsleistungen trotz Geringfügigkeit auch pensionserhöhend sind und man nicht dann, wenn man nicht mehr kann, ohne Ansprüche zurückbleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf hier nochmals erwähnen, dass die Angleichungen in Belgien 2009, in Deutschland 2004, in Italien und im Vereinigten Königreich, 1993 beginnend, demnächst abgeschlossen sein wer­den; die anderen Staaten haben das Pensionsrecht für Männer und Frauen schon har­monisiert und gleichgestellt. Ich bitte daher auch bei all den Berechnungen – weil wir uns auch noch immer in einem Versicherungssystem befinden –, die kürzeren Beitragszeiten und die län­ge­ren Pensionsbezugszeiten vom 60. Lebensjahr beginnend statt 65 und die längere Lebens­erwartung, die Frauen haben, mit zu berücksichtigen und damit auch manche Ihrer Berech-


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