Bundesrat Stenographisches Protokoll 695. Sitzung / Seite 92

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welche in Härtefällen mildernd wirken – wir haben das im TV vor einigen Tagen sehr gut verfol­gen können –, und dadurch haben sich wirklich schlimme Dinge für jene Menschen ergeben, die besonders von dieser Regelung betroffen sind.

Diese Dinge müssen wir natürlich abfedern. Das ist auch ein sehr wichtiger sozialer Aspekt. Es ist passiert, dass Absätze, die den Menschen zugute gekommen wären, ganz einfach heraus­gestrichen worden sind.

In der betreffenden TV-Sendung, in der Herr Minister Bartenstein anwesend war, war es beson­ders interessant, als er fünf Mal gefragt worden ist, ob er diese Absätze herausgestrichen hat, dass er fünf Mal irgendetwas erfunden hat. Das war das berühmte „Schwarze Peter“-Spiel, das sich im Kreis dreht. Niemand ist schuld – aber letztendlich, wenn es gar nicht mehr anders geht, dann muss man jemanden schuldig sprechen. Dann wird meistens derjenige schuldig gespro­chen, der nicht dabei ist, der nicht anwesend ist, der sich nicht wehren kann. – In diesem Fall war es halt ein Beamter. (Bundesrätin Schicker: Die Beamten waren es!) – Und der Beamte wird vielleicht, wenn er in die Mangel genommen wird, sagen, es war die Reinigungsfrau.

So sollte es nicht sein. Ich muss sagen, das ist mit Sicherheit nicht die richtige Art, ein so sensibles Thema zu behandeln.

Die Aussage von Frau Ministerin Rauch-Kallat am 9. Oktober 2002 war für mich auch sehr schlimm. Frau Ministerin! Vielleicht empfinden Sie das im Nachhinein auch als etwas un­glücklich. Sie haben damals gesagt: Die Opposition solle doch mit der Panikmache um die Pen­sionen endlich aufhören! Die ÖVP plane mit Sicherheit keine weitere gesetzliche Anhebung des Früh­pensionsalters.

Das war ungefähr fünf bis sechs Wochen vor den Wahlen. Gestatten Sie mir, diese Verdächti­gung auszusprechen, und nehmen Sie es nicht zu persönlich: Ich halte nichts davon, wenn man vor einer Wahl Dinge verspricht, von denen man zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, dass man sie nicht halten wird können. Die Menschen – das sage ich hier ganz bewusst dazu – sind kein Spielball für die Politik! Sie haben ein Recht auf die Ehrlichkeit der Politiker! (Rufe bei der ÖVP: Vranitzky-Brief!)

Es ist, wie ich meine, nicht verwunderlich, dass wir Politiker grundsätzlich in keinem guten Licht stehen. Wenn ich mir das alles von Seiten des Otto Normalverbrauchers anschaue, dann muss ich sagen, ich muss mich leider Gottes dieser Meinung anschließen. Für uns muss es aber eine Herausforderung sein, dagegen zu wirken. Dazu gehört auch, dass man zu dem Zeitpunkt, zu dem man ein Versprechen abgibt, weiß, dass es tatsächlich realisierbar ist.

Wir müssen uns wirklich mehr bemühen, unsere Versprechen zu halten. Vielleicht sollten wir ein biss­chen weniger versprechen, aber grundsätzlich – auch wenn uns das in der momentanen Situation jetzt nicht hilft – sollten wir nur Versprechen geben, die wir auch einlösen können. Das ist wichtig, und das sind wir unseren Auftraggebern, den Wählern, auch schuldig. Das ist ge­lebte Moral, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Pensionsreform, so wie sie sich für mich darstellt, ist ein Entwurf mit allem Drum und Dran, und dass es viel Ablehnungspotenzial gibt, wissen wir in allen politischen Lagern; dazu stehen wir auch. Es ist aber wichtig, diese Frage zu einer nationalen Angelegenheit werden zu lassen und eine nationale Anstrengung zu tätigen – im Sinne all jener, die in Kürze oder mittelfristig in Pension gehen.

Wir Politiker heften uns auch ein besonderes Lippenbekenntnis sehr gern auf unsere Fahnen. Immer wieder hört man: Unsere Zukunft und die Zukunft unseres Landes liegt in den Händen un­serer Kinder, der Jugend. – Wenn das so ist, dann sollten wir es aber auch so betrachten und da­nach handeln, denn die Jungen haben genau das gleiche Recht wie jene, die schon in Pen­sion sind. Auch sie haben das Recht, einmal eine Pension beziehen zu können.

Die Menschen, welche es jetzt betrifft, und diejenigen, die es in Zukunft betreffen wird, haben ein Recht auf eine optimale, faire und gerechte Lösung! Und die Menschen, die ein Leben lang


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