Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 22

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Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. Ich erteile es ihm.

13.06


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Vize­kanzler Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf meinen Vorred­ner ganz kurz replizieren, damit das auch nachvollziehbar ist: Ich gebe keine Kompetenzen an den Herrn Bundespräsidenten ab, sondern ich habe den Herrn Bundespräsidenten gebeten, beim heutigen „Runden Tisch“ eine Mediation zu machen (Bundesrat Gasteiger: Braucht die Regierung eine Mediation? Was ist das für eine Regierung, die eine Mediation braucht?), um die festgefahrenen Diskussionsfronten zwischen der Sozialpartnerschaft einerseits und Teilen des Parlaments auf der anderen Seite wieder aufzuweichen.

Es hat mich gefreut, dass die Sozialpartnerschaft der Einladung vom Herrn Bundeskanzler und mir für nächsten Montag bereits heute die Zusicherung gegeben hat, damit der Dialog zwischen den Sozialpartnern und der Bundesregierung weitergeht.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, Herr Kollege Schennach, dass nunmehr die Pensionsreform im Parlament liegt und nicht mehr bei der Bundesregierung. Die verfassungsmäßige Frage, die Sie damit releviert haben, können Sie sich selbst beantworten, weil Sie als parlamentarischer Mitarbeiter lang genug dem Hohen Hause angehören und die Kompetenz haben, sich das selbst und nicht dialektisch zu beantworten.

Ich sehe in der jetzigen Rechtsmaterie, in der vorangegangenen Rechtssituation und im inter­nationalen Vergleich zwei Spannungsfelder. Mann will geringfügige Beschäftigungen für jene schaffen, die diese geringfügigen Beschäftigungen wollen. In der Bundesrepublik Deutschland geht man im Übrigen einen anderen Weg. Dort ist die gesamte Befreiung für diese Billigjobs, die es dort in einem höheren Ausmaß gibt als in Österreich, nicht nur Diskussionsthema, sondern auch Tatsache, weil man dort der Arbeitslosigkeit mit anderen Überlegungen und anderen Mitteln gegenübertritt.

Die Alternative zur heutigen Gesetzesmaterie – das hat Kollege Schennach klar erkannt – wäre ein unbefriedigender Zustand, weil nämlich jene, die mit geringfügiger Beschäftigung auch keine geringfügigen Beschäftigungszeiten für die Pensionsversicherung nachweisen können, dann, wenn etwas in ihrer Lebensplanung schief geht, nicht einmal den Ausgleichszulagen­richtsatz zur Lebensexistenzsicherung bekommen würden. Da ist überhaupt nichts vorhanden, weil es ohne Beitragsleistungen auch keine Pensionsversicherung gibt und im österreichi­schen System ausschließlich die Sozialhilfe und sonst nichts vorhanden wäre.

Ich sehe es auch nicht so negativ wie die Vorrednerin, dass sich die Bundesregierung bemüht, zur Absicherung einer Grundversorgung in Österreich die gemeinsamen Bemühungen der Län­der, des Bundes und der Gemeinden so zu koordinieren, dass mit dem vorhandenen Geld neben der Grundsicherung, die der Ausgleichszulagenrichtsatz festschreibt, auch für jene, die davon nicht berücksichtigt sind, endlich die Lücke geschlossen wird, die es in Österreich noch aus der Vergangenheit gibt, als man sich Sozialleistungen abkaufen konnte. Wenn die Lebens­planung schief gegangen ist – etwa bei Scheidung, vorzeitigem Tod des Lebenspartners oder anderen Dingen mehr, die in der Arbeits- und in der Beschäftigungswelt geschehen –, hatte das zur Folge, dass jemand auf einmal in mittleren und höheren Lebensjahren gänzlich ohne soziale Absicherung dagestanden ist.

Daher glaube ich, dass es kein Kompetenzverlust ist, diese Bemühungen gemeinsam fortzuset­zen, sondern im Gegenteil, die Diskussionsbasis wird damit wieder geschaffen. Es wird, sehr geehrter Kollege aus Salzburg, kein Abtreten der Kompetenzen geben. Jeder hat seine staats­politische Verantwortung zu übernehmen: die Regierung ihre, das Parlament seine. Eine Vermi­schung der staatspolitisch und verfassungsmäßig sinnvoll geteilten Kompetenzen wird es weder am „Runden Tisch“ noch sonst wo geben, denn eine Nebenregierung, die nicht gewählt ist, ist das Schlechteste in einer Demokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Manfred Gruber: Die haben ja Sie ins Leben gerufen, diese Nebenregierung! Sie wollen ja den „Runden Tisch“! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

13.10


 


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