Öffentlichkeit
ausgetragen wurde und das weder eines Ministers der Republik Österreich noch
eines leitenden Beamten würdig ist.
Beim vorherigen
Tagesordnungspunkt, Herr Bundesminister, haben wir über Mediation als Methode
zur Konfliktbereinigung gesprochen. So wie Sie, Herr Minister, und Ihr
Ministerium den Konflikt mit dem beherzt um den Bestand eines erfolgreichen
Bestandteils des österreichischen Justizwesens kämpfenden Präsidenten des
Jugendgerichtshofes, Dr. Jesionek, geregelt haben, lässt das nicht einmal
annähernd mediatives Handeln erkennen. Es war durch und durch autoritäres
Handeln und reine Machtdemonstration. Das ist unwürdig und zum Schaden der
österreichischen Strafrechtsentwicklung. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe mich redlich bemüht, sowohl im Gesetzestext
als auch in den Erläuterungen fachlich qualifizierte Begründungen für die
Abschaffung des Jugendgerichtshofes Wien zu erkennen. Ich habe nichts gefunden,
was mir als plausible und unabdingbare Gründe erscheinen hätte können.
Wenn ich lese,
dass im Gegensatz zu anderen Gerichten der Jugendgerichtshof Wien weitaus
weniger Fälle des außergerichtlichen Tatausgleiches aufweist und dies ein
Abschaffungsgrund sein soll, dann frage ich mich, warum die in den letzten drei
Jahren unverhältnismäßig hoch angestiegene Zahl von inhaftierten Jugendlichen
kein Rücktrittsgrund für den zuständigen Minister ist.
Haben Sie, Herr
Bundesminister, in beiden Fällen nach den Ursachen geforscht? Stellten Sie den
Jugendgerichtshof als Ganzes in Frage, weil auch Ihnen zu Ohren gekommen ist,
dass es zumindest einen oder vielleicht auch mehrere dort tätige Staatsanwälte
gibt, die kein Freund von diversionellen Maßnahmen sind? Staatsanwälte sind
weisungsgebunden. Warum haben Sie nicht gehandelt? – Vielleicht haben sich
diese Frage auch die dort tätigen Richter gestellt und hat Ihnen daher der Mut
gefehlt, sich gegen die Anträge der Staatsanwaltschaft zu stellen, denn eines
ist sicher: Es sind zunächst die Staatsanwälte, die den Antrag auf
diversionelle Maßnahmen zu stellen haben, und erst im zweiten Schritt ist der
Richter zuständig. (Bundesrat Dr. Aspöck: Das kann aber auch der Richter von
sich aus machen! Das ist ein zweiter Schritt!)
Vielleicht ist es
auch vorauseilender Gehorsam, dass es nicht gemacht wurde. Wenn Ihnen, Herr
Bundesminister, die Diversion so ein wichtiges Anliegen ist, warum haben Sie
sich nie von der Aussage Ihres Parteikollegen und vormaligen Justizsprechers
des Kabinetts Schüssel I, Dr. Harald Ofner, distanziert, der in einer
der ersten Nationalratssitzungen der schwarz-blauen Bundesregierung die
Abschaffung der Diversion gefordert hat? – Auch Sie selbst haben sich zu
Beginn Ihrer Amtszeit nicht gerade als Freund der Diversion geoutet.
Warum signalisieren
Sie weder Staatsanwälten noch Richtern, dass Sie die Diversion als geeignetes
Mittel ansehen und allfällige Folgen einer Tat auf eine den Umständen nach
geeignete Weise ausgleichen? Jetzt den Vorwurf des zu geringen Einsatzes
derartiger Maßnahmen wie den außergerichtlichen Tatausgleich zu erheben, kann
ich daher nur im Licht eines fadenscheinigen Argumentes sehen.
Haben Sie sich
auch die Frage gestellt, wo die Ursache für die hohe Anzahl von Häftlingen
liegt? Haben Sie erkannt, dass dies ein Ausdruck einer in den letzten Jahren
verstärkt zur Anwendung gelangten Justizpolitik, die dem Law-and-order-Prinzip
huldigt, sein kann? Ich habe in meinem eigenen beruflichen Handlungsfeld
erfahren, welche Auswirkungen Ihre Politik für die Betreuung jugendlicher Straftäter
hat.
Die geographische
Lage und auch die geringe Einwohnerzahl meines Heimatlandes Burgenland haben
den Aufbau ambulanter Betreuungsdienste nur unter erschwerten Bedingungen und
mit hohem finanziellen Aufwand möglich gemacht. Als Form der Selbsthilfe haben
sich daher die sozialen Institutionen des Landes zu einem Netzwerk
zusammengefunden, das nicht nur eine gute psychosoziale Betreuung ermöglicht,
sondern es wurden auch immer wieder soziale Projekte mit dem Ziel des Aufbaus
weiterer Betreuungsdienste entwickelt.
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