Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 33

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Besonders im Bereich der Betreuung gefährdeter Jugendlicher entwickelte sich eine gegen­seitig befruchtende enge Zusammenarbeit zwischen der Bewährungshilfe und der Jugendwohl­fahrt, in die auch die Gerichte eingebunden waren. Obwohl sachlich nicht zuständig, aber in An­erkennung des engagierten Einsatzes der Bewährungshilfe Burgenland gewährte die Burgen­ländische Landesregierung dem Verein eine jährlich nicht geringe Subvention.

Der Geschäftsstelle Eisenstadt war es dadurch auch immer wieder möglich, neue Tätigkeits­felder zu erschließen. Jedoch trotz ihres erfolgreichen Wirkens wurde im Vorjahr die Geschäfts­stelle Eisenstadt als selbständige Geschäftsstelle aufgelöst und in die Geschäftsstelle Wiener Neustadt eingegliedert. Kein plausibler Grund sprach dafür und schon gar nicht fachlich qualifi­zierte Aussagen. Obwohl sich Landeshauptmann Niessl für den Weiterbestand der Geschäfts­stelle Eisenstadt eingesetzt hat, haben Sie, Herr Minister, die Auflösung nicht verhindert.

Die Parallele zum Jugendgerichtshof Wien liegt darin, dass sich so wie Dr. Jesionek auch der Geschäftsstellenleiter von Eisenstadt für den Weiterbestand vehement eingesetzt hat. Und wie bei Dr. Jesionek war die Folge zunächst die Androhung eines Disziplinarverfahrens, und es endete auch bei Herrn Neureiter mit der vorzeitigen Pensionierung.

Nur ein Jahr später führt die Bewährungshilfe oder NEUSTART, wie sie jetzt heißt, im Burgen­land ein Schattendasein im sozialen Netzwerk des Landes. Die Auflösung der Geschäftsstelle Eisenstadt hat nicht nur das kooperative Zusammenarbeiten mit den anderen Institutionen beendet, sondern auch die Bedeutung von NEUSTART stark vermindert.

Die Leidtragenden sind die Jugendlichen des Landes. Entgegen allen Beteuerungen ist es zu einer qualitativen Verschlechterung und auch zu einem Motivationsverlust der Mitarbeiter ge­kommen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Beispiel wollte ich zeigen, wie sich eine Reorgani­sation, die nicht fachlich qualifizierten Überlegungen folgt, innerhalb kurzer Zeit negativ auswir­ken kann. Wenn am so genannten Reißbrett Entscheidungen getroffen werden, ohne die Meinung der handelnden Personen gelten zulassen, ist ein Erfolg nicht möglich.

Herr Bundesminister! Eines Ihrer Hauptargumente für die Schließung des Jugendgerichtshofes Wien war auch, dass die Unterbringung der Jugendlichen in der Justizanstalt Erdberg angeblich schlechter war als in der Justizanstalt Josefstadt.

Wie sehen Sie es dann, dass es möglich ist, dass eine wissenschaftliche Studie – nach einer anonymen Umfrage unter den betroffenen jugendlichen Häftlingen – das genaue Gegenteil er­geben hat? – Wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, kann auch nicht gänzlich verhindert werden, dass jugendliche Häftlinge mit erwachsenen Insassen in Kontakt kommen.

Wer sich jemals mit der Situation und den Vorgängen in Justizanstalten beschäftigt hat, weiß, welch raue Sitten dort herrschen – raue Sitten unter den Häftlingen wohlgemerkt. Das ist eine eigene Welt, in der sich selbst Erwachsene nur schwer zurechtfinden. Wie soll es dann ein Jugendlicher können?

Wenn wir Resozialisierung nicht nur als Schlagwort verstehen wollen, dürfen wir Jugendliche nicht Gefahren aussetzen, die sowohl zu psychischen als auch zu physischen Verletzungen führen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Fülle von Gründen spricht gegen eine Zustim­mung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Die Aufzählung aller Gründe würde die mir zur Ver­fügung stehende Redezeit bei weitem überschreiten. Es bedarf für meine Fraktion jedoch nicht vieler Gründe, um diesem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.01


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesminister! Sie haben das Wort ge­wünscht. – Bitte.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite