14.01
Bundesminister
für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Frau Bundesrätin
Schlaffer! Ich möchte mich jetzt gleich zu Wort melden, damit Ihre
Gesinnungsfreunde die Gelegenheit haben, sich noch zu melden und die Begründung
nachzuliefern, die Sie jetzt nicht geben konnten.
Ich möchte
Folgendes klarstellen: Sie haben keinen einzigen Grund genannt, der wirklich
sachlich maßgeblich für die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Jugendgerichtshof
war – keinen einzigen! (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Bundesräten der ÖVP.)
Ich sage Ihnen,
was wirklich passiert ist – Sie sollten oder müssten es eigentlich
wissen –: In der vergangenen Gesetzgebungsperiode wurden die Privilegien
des Jugendgerichtsgesetzes auf zwei weitere Jahrgänge ausgedehnt, nämlich auf
die 20- und 21-Jährigen. Das geschah in verminderter, kurvenartiger Form, und
ein Jahrgang wurde zurückgenommen. Es gibt dadurch eine Einschleifregelung für
die Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes, die nicht abrupt bei
19 Jahren endet und in die Welt der Erwachsenen überführt, sondern die bei
18 Jahren beginnt und bei 21 Jahren endet.
Dem
Jugendgerichtshof ist – wie jedem anderen Gerichtshof auch – eine
Haftanstalt angeschlossen, nämlich die Justizanstalt Erdberg, in der es 40
Zellen gibt. Diese sind sehr klein, sehr alt und nicht erweiterbar, da es sich
um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt.
Durch die
Erweiterung der Privilegien des Jugendstrafrechtes in Verbindung mit dem Umstand,
dass die jungen Erwachsenen von den Jugendrichtern verhandelt werden sollen,
weil das so gewollt worden ist und wir diesem Wunsch nachgekommen sind,
bestand mehr Haftbedarf. Das ist ganz logisch. Es ist auch logisch, dass die
Jahrgänge 20 und 21 mehr Delikte begehen als zum Beispiel die 14- und
15-Jährigen. Es ist leider weiters eine Tatsache, dass Jugendliche ihre Delikte
in Gruppen begehen. Der Jurist nennt das „Banden“. Das führt notwendigerweise
zu dem Umstand, dass der Untersuchungsrichter die Jugendlichen, wenn sie bei
Begehung der Tat betreten wurden, nach der Tat getrennt vernehmen muss. Das
bedeutet die Notwendigkeit der U-Haft, weil sie nicht auf freiem Fuß angezeigt
werden können, wenn sie zum Beispiel eine Tankstelle, eine Person oder eine
Trafik überfallen haben. Das bedeutet auch mehr Haftbedarf und außerdem, dass
wir mit 40 Zellen in der Justizanstalt Erdberg nicht mehr das Auslangen
gefunden haben.
Herr Präsident
Jesionek hat dabei zugesehen, dass in einigen der 40 Zellen Stockbetten gestellt
wurden, die Jugendlichen in unzulässig beengten Räumlichkeiten leben mussten
und dadurch die Zellen so sehr überausgenutzt waren, also zu klein geworden
waren, dass diese Zellenverwendung der Anti-Folter-Konvention widersprach. (Bundesrat
Gasteiger: Jetzt kommen die G’schichterln!)
Wir konnten dem
nicht mehr länger zusehen. Man kann nicht 170 Personen in 40 Zellen
inhaftieren – und das war der zusätzliche Haftbedarf auf Grund der
Modernisierung der Novelle. Deshalb mussten wir eine neue, angemessene
Umgebung für die Jugendlichen suchen.
Die Zellen in
Erdberg sind nicht nur zu klein, sondern auch alt. Die WCs sind nur durch
Vorhänge abgetrennt, die Jugendlichen wurden durch die zu engen
Raumverhältnisse auch unnötig aggressiv und haben die Vorhänge angezündet. In
einem Gefängnis dauert es eben einige Tage – manchmal mehr als eine
Woche –, bis dort wieder neue Vorhänge hängen. Und gerade im jugendlichen
Alter ist die Verletzung der Intimsphäre – diese war die Folge, wenn nicht
einmal mehr Vorhänge vorhanden waren – eine besonders heikle Sache. Das,
was sich dort abgespielt hat, war unzumutbar – und dies als Ergebnis einer
modernisierten Jugendgerichtsbarkeit durch die Ausdehnung auf zwei
Jahrgänge.
Ich hatte mit Herrn Präsidenten Jesionek nicht den geringsten Konflikt. Er war der Erste, der auf Grund des Prozessbegleitungsfonds, den wir eingerichtet haben, taxfrei 100 000 S a conto von mir bekommen hat. Sein eigenes Umfeld hat sich gewundert, warum der Parteigegner Böhmdorfer dem Sozialdemokraten Jesionek 100 000 S gibt. Ich habe geantwortet: weil er Richter ist,
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