Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 36

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Durch die schon Anfang Jänner 2003 erfolgte Eingliederung der Justizanstalt Wien-Erdberg in die Justizanstalt Wien-Josefstadt und die zur selben Zeit erfolgte Verlegung des Sitzes des Jugendgerichtshofs Wien von der Rüdengasse, wie schon erwähnt, in die Landesgerichtsstraße konnte insbesondere die zum Teil unzureichende Unterbringung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen an den Europastandard angepasst werden. Das ist eine Tatsache, an der man nicht vorbei kann.

Das hat zweifelsohne – der Herr Minister hat es schon angedeutet – sicher auch finanzielle Auswirkungen, die insofern positiv sind, da es die Räumlichkeiten bereits gibt und diese zur Verfügung stehen. Was mich sehr beruhig hat, war auch die Trennlinie, dass die Jugendlichen nicht wirklich sehen, was sich sonst alles in der Haftanstalt abspielt. (Bundesrat Konecny: Da müssen Sie Ihnen aber Binden umbinden! Das ist ja lächerlich!)

Im Gegensatz dazu sind außerhalb Wiens – mit Ausnahme des Sprengels des Jugendgerichts Graz und der Sonderzuständigkeit des Bezirksgerichts Linz-Land für die Sprengel der Bezirks­gerichte Linz und Urfahr-Umgebung – alle Jugendliche betreffenden Pflegschafts- und strafge­richtlichen Agenden bei den Bezirksgerichten zusammengefasst.

Ich muss natürlich Folgendes sagen: Wien ist eine Großstadt und hat diesbezüglich andere Not­wendigkeiten und Begehrlichkeiten, die man auch sehen muss.

Wie schon gesagt: Die Ausgangslage legt eine Umstrukturierung nahe, bei der alle bezirksge­richtlichen Agenden des Jugendgerichtshofs Wien aus dem Straf- und Pflegschaftsbereich, wie in anderen Landeshauptstädten, auf die bestehenden Vollbezirksgerichte in Wien aufgeteilt werden und in die Gerichtshofzuständigkeiten des Landesgerichts für Strafsachen Wien fallen­den strafrechtlichen Materien übergeht.

Ich darf dazu etliche Schwerpunkte anführen, die ich aus dem Gesetzentwurf gelesen habe. Die Jugendgerichtsbarkeit soll in allen Bundesländern gleich organisiert werden. Das ist sicherlich einer der Gründe. Bezweckt ist eine Vereinheitlichung der Gerichtsstruktur durch Beseitigung der getrennten Stellung des Jugendgerichtshofs Wien zwischen Gerichtshof und Bezirksgericht. Da ist sicherlich eine spezielle Eignung der mit Jugendstrafsachen zu betrauenden Richter und Staatsanwälte nötig, und diese bleibt unverändert in Geltung. Es ist auch sehr wichtig, dass diese Richter und Staatsanwälte vorhanden sind.

Das Gerichtsorganisationsgesetz normiert grundsätzlich die Jugendstraf- und Pflegschafts­sachen, die notwendige Spezialisierung beziehungsweise Konzentrierung auf Jugendliche und junge Erwachsene bei einem Richter. Künftig werden österreichweit spezialisierte Richter für Jugendstraf- und Jugendschutzstrafsachen junger Erwachsener sowie Pflegschaftssachen Min­derjähriger, bei denen aus bestimmtem Anlass eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung zu besorgen ist, zuständig sein.

Strafverfahren, an denen sowohl erwachsene als auch jugendliche Beschuldigte beteiligt sind, können rascher abgewickelt werden. Es ist auch die stärkere Inanspruchnahme von Sozialmaß­nahmen wie etwa im außergerichtlichen Tatausgleich – die Frau Kollegin hat es schon erwähnt – in Aussicht genommen, was diese Umstrukturierungen erwarten lassen. Außerdem ist natürlich der Verwaltungsaufwand geringer.

Bei den Übergangsvorschriften wird garantiert, dass anhängige Verfahren nach den geänderten Zu­ständigkeitsbestimmungen bei den jeweils sachlich und örtlich zuständigen Landes- be­ziehungs­­weise Bezirksgerichten weitergeführt werden können.

Die Aufhebung der Sonderzuständigkeit des Jugendgerichtshofs Wien stellt dabei eine Auf­lösung der Organisation als eigenes Gericht dar, lässt aber doch die Jugendgerichtsbarkeit als solche unberührt. Die Jugendgerichtsbarkeit in Wien soll eben auf Gerichtshofebene nur zum Landesgericht für Strafsachen Wien verlagert werden, ohne die Rechtsprechungsqualität irgendwie zu beeinträchtigen.

 


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