Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 37

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Über die Räumlichkeiten und über die Historie des bisherigen Gebäudes wurde bereits gespro­chen. Es ist tatsächlich unter Schutz gestellt. Das ist natürlich eine Frage, die man relativ schwer bezüglich Denkmalschutz klären kann angesichts der Tatsache, dass dort 40 Zellen sind und 170 Personen inhaftiert sind. Da muss man natürlich zu modernen, neuen europakon­formen Kriterien kommen. Wie auch schon gesagt wurde, darf dabei nicht der Anti-Folter-Kon­vention aus dem EU-Bereich widersprochen werden.

Ich glaube, dass es absolut notwendig ist, eine Erneuerung durchzuführen. Wir müssen natür­lich danach trachten, dass die Jugendlichen nicht den Eindruck haben, dass sie in dem großen Gefängnis schwerer involviert sind, weil Jugendliche Leute sind, die man ganz besonders ansprechen muss. Ihnen gegenüber hat man noch eine große Verantwortung, und man muss danach trachten, dass sie von der Kriminalität wegkommen und zu einem normalen Leben finden.

Wir von der ÖVP werden der Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988 und des Gerichts­organisationsgesetzes zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.17


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Reisenberger. – Bitte.

14.17


Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Sie haben vorhin gemeint, dass keine Argumente von den Vorrednern gekommen seien. Ich hoffe, ich kann Ihnen eine Reihe von Argumenten liefern, die Sie selbst sicherlich ge­nauso gut kennen wie ich – und das ist das Schlimme daran. Wenn Sie, Herr Bundesminister, heute davon gesprochen haben, dass die 20- bis 21-Jährigen in dem alten Gebäude zu wenig Platz gefunden hätten, so gebe ich Ihnen schon Recht, nur – ich darf noch darauf zurück­kommen – wenn wir von zu wenig Platz in Haftanstalten an und für sich sprechen, so muss ich sagen, ist das ein grundsätzliches Problem, das wir in Österreich mit dem Ost-West-Gefälle haben, das natürlich als dramatisch zu bezeichnen ist.

40 Zellen für 170 Personen – das geht natürlich nicht. Die Möglichkeit darin zu sehen, ein Sys­tem abzuschaffen, ein System zu verändern, ein System zu zerschlagen, sehr geehrter Herr Bundesminister, ist aber auch keine Lösung – keine für die Menschen in Österreich und vor allem keine für die Jugend in Österreich!

Wirtschaftliche Gründe als Nebeneffekt anzuführen und zu sagen, das sei positiv, schön und gut, dazu kann ich nur sagen: aber nicht auf Kosten der Menschen, nicht auf Kosten der jungen Menschen! Außerdem wäre es nicht notwendig gewesen.

Mein lieber Freund Dr. Liechtenstein! Ich hoffe, es schadet dir nicht, wenn ich das jetzt sage: Uns verbinden wirklich viele gemeinsame Ansichten. Aber ich kann nicht glauben, dass es dir ernst ist, wenn du sagst: Man hat ohnehin eine Trennlinie zwischen den jungen und den er­wachse­­nen Straffälligen geschaffen. – Das glaubst du selbst nicht; und niemand, der hier sitzt und ehrlich darüber diskutiert, kann solch eine Argumentation ernst nehmen.

Wien als Großstadt hat andere Voraussetzungen als die Bundesländer, hast du gesagt. – Das ist völlig richtig, da sind wir wieder voll auf einer Linie. Daher geht es hier auch um andere Voraussetzungen. (Zwischenrufe.) – Großstädte grundsätzlich, das mag schon sein! Aber dann muss man sich nach dem Bedarf richten und darf nicht sozusagen über alles darüberwischen und darüberwandern. Alle Bundesländer gleich und das auf Kosten der Jugendlichen – das lese ich aus diesem System heraus, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Auflösung des Jugendgerichtshofes hat zur Folge, dass positive Dinge nicht erhalten bleiben können. Das ist ganz klar, und das zeigt sich auch. Die Jugend ist eine besondere Gruppe, wurde von Herrn Bundesrat Dr. Liechtenstein ge­sagt, und diesbezüglich sind wir auf der gleichen Linie. Daher ist es meiner Meinung nach umso betrüblicher, dass man sich nun zur Auflösung des Jugendgerichtshofes entschlossen hat.

 


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