Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 40

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Ich möchte ganz allgemein sagen: Bei unserem so reformfreudigen – Gott sei Dank so reform­freudigen – Justizminister gab es kaum ein Thema, das von der Opposition mehr emotionalisiert wurde als genau dieser Punkt. Jetzt sage ich auch in aller Offenheit, was meines Erachtens dahinter steckt: Da man keine Argumente zu hören bekommt, kommt es mir so vor, als ob die SPÖ-Opposition den eigentlichen Grund ihrer ablehnenden Haltung, nämlich die Erhaltung geschützter roter Werkstätten mit bestimmten Bedingungen, die aber gar nicht so erfolgreich waren, wie immer wieder behauptet wird (anhaltende heftige Zwischenrufe bei der SPÖ), krampfhaft mit anderen Argumenten zu verteidigen versucht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man kann doch nicht über Argumente drüberfahren (Bundesrat Konecny: Das tun Sie gerade!), wenn man weiß, dass menschenrechtswidrige Zustände in Zellen herrschen! (Bundesrätin Schlaffer: Das hätte der Bundesminister abschaffen können! Dazu hätte er die finanziellen Mittel gehabt! Statt einfach hinzugehen und zu sagen: Kein Platz! Das ist etwas, was der Herr Bundesminister selbst verursacht hat!)

Meine Damen und Herren! Was hier vom Kollegen Reisenberger und von Ihnen, Frau Schlaffer, eröffnet wurde, das war eine allgemeine Debatte darüber, dass man insgesamt für die Justiz mehr Geld ausgeben müsste, um bessere Haftbedingungen und Nachbetreuungsbedingungen et cetera zu schaffen. Das steht aber beim Jugendgerichtshof Wien nicht zur Debatte, sondern das ist eine Frage, die Sie an Karl-Heinz Grasser richten müssen, der dem Justizminister nicht so viel Geld gibt. (Bundesrat Konecny: Haben Sie mit dem irgendetwas zu tun? Sie sind in einer Regierung, der auch Herr Grasser angehört!)

Meine Damen und Herren! Bringen wir es doch logisch auf den Punkt (Bundesrat Konecny: Sie mögen den Grasser nicht!) und fragen wir uns: Was ist das Ziel einer erfolgreichen Jugend­gerichtsbarkeit? (Bundesrat Konecny: Der Herr Minister mag ihn auch nicht!) Herr Klubvor­sitzender! Ich frage Sie: Was ist das Ziel einer erfolgreichen Jugendgerichtsbarkeit? Was will ich damit erreichen? – Es gibt nur eine Antwort, Herr Klubvorsitzender, Herr Professor Konecny! (Bundesrat Konecny: Machen wir einen Beschluss: Wir mögen ihn alle nicht!) Die Antwort heißt: die möglichst rasche und vor allem nachhaltige Resozialisierung.

Wenn der Wiener Jugendgerichtshof wirklich so erfolgreich war, dann frage ich mich, warum frühere Koalitionen – an denen natürlich auch die ÖVP mit beteiligt war, in welchen aber die Justizminister stets rot dominiert waren – beziehungsweise warum denn die Vorgänger meines Freundes Dieter Böhmdorfer nicht längst solche Jugendgerichtshöfe in ganz Österreich einge­führt haben? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! So geht es doch nicht, nämlich einfach zu behaupten: Wien ist eine Großstadt, und deswegen brauchen wir das, und die Vorarlberger, die Salzburger, die Tiroler und die Kärntner kriminellen Jugendlichen sind uns völlig egal. Wäre dieser Jugendgerichts­hof erfolgreich gewesen, dann hätte doch schon Broda dahin gehend agiert und flächen­deckend – denn alle Österreicher sind gleich! – in Österreich solche eingeführt.

Jetzt komme ich zum nächsten logischen Punkt, meine Damen und Herren: Offenbar ist es genau umgekehrt gewesen! Die Wahrheit ist: Im Jugendgerichtshof hat es mit der Resozialisie­rung und mit dem außergerichtlichen Tatausgleich et cetera nicht so gut funktioniert.

Frau Kollegin Schlaffer! Nun zur Ihrem Argument mit den Staatsanwälten und dazu, dass Sie plötzlich wieder Weisungen vom Herrn Justizminister verlangen – von einem Justizminister, den Sie immer wieder angreifen und von dem Sie fordern, dass er endlich auf sein Weisungsrecht verzichten soll, der jedoch von diesem Weisungsrecht noch nie Gebrauch gemacht hat. Früher gab es Justizminister, die geradezu in skandalöser Weise vom Weisungsrecht Gebrauch gemacht haben. Damals hätte dieser Ruf gegolten, heute gilt er nicht. Bei einem solchen Justiz­minister ist alles in Ordnung! (Bundesrat Konecny: Hat er nicht Ofner geheißen!) – Nein! Er ist diesbezüglich mit Broda nicht zu vergleichen, der ist uneinholbar. Das ist so, als würde Franz Berger heute noch die Rennsiege von Schuhmacher erreichen wollen. Das ist nicht möglich. So ungefähr ist das Verhältnis. (Bundesrätin Schlaffer: Gerhard Berger ist das! Nicht einmal das wissen Sie! Setzen Sie sich nieder!)

 


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